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■ FeuilletonreigenStölzl hingehievt

Berlin (taz) – Was man eben so ausplaudert bei Premierenfeiern. Ausgerechnet bei der „Wanze“ von Wladimir Majakowski bewegte sich vorgestern Kultursenator Peter Radunksi (CDU) plaudernd durchs Maxim Gorki Theater. Die Rede war von Christoph Stölzl (55), noch Direktor des Deutschen Historischen Museums in Berlin. Der soll, so hatte es an diesem Tag im Branchendienst Kress-Report geheißen, Thomas E. Schmidt (40) als Feuilletonchef bei der Welt ablösen. Die Ankündigung, die für Überraschung gesorgt hatte, ließ Radunski kalt: „Det wusste ich doch schon seit Monaten.“

Seit Monaten waren sich auch Thomas E. Schmidt und Welt-Chefredakteur Mathias Döpfner darüber einig, dass sie sich über die Richtung ihres Feuilletons uneinig sind. So hatte das Feuilleton auf den Nachlass Eichmanns in Jersalem aufmerksam gemacht, was auf den vorderen Seiten undiskutiert um einem sensationsheischenden Abdruck ergänzt wurde. Es handelte sich um freilich schon bekannte Eichmann-Papiere. Auch Querelen dieser Art hatten wohl dazu geführt, dass Schmidt am Montag seinem Ressort gegenüber eine Erklärung abgab, in der er seinen Rücktritt begründete: Die Frage ob mehr Boulevard- und Magazinelemente (Döpfner) oder weniger (Schmidt) die Feuilletonrichtung bestimmen, sei nicht zu klären gewesen.

Doch darum war es Radunski mit seiner Bemerkung nicht gegangen. Sondern um Christoph Stölzl. Der Historiker, der sich – wie Mathias Döpfner – zu den Freunden Helmuth Kohls zählen darf, ist seinen Museumsjob seit längerem leid. Daher hatte er sich zuletzt auf den prestigeträchtigen Posten des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beworben. Im Februar dieses Jahres zog der „Favorit der Bundesregierung“, wie es damals in den Agenturmeldungen hieß, freilich gegen Klaus Dieter Lehmann, Direktor der Deutschen Bibliothek in Frankfurt, den Kürzeren. Die Freunde der Bundesregierung, die keine mehr war, befanden daraufhin, mit Stölzl wolle man noch etwas machen. Das hat Welt-Chef Döpfner jetzt offenbar getan. wbg

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