Festnahme 16 Jahre nach Anschlag: „Ausgesprochen plausibel“

In Düsseldorf-Wehrhahn wurden 2000 zehn Menschen verletzt, darunter jüdische Einwanderer. Festgenommen wurde nun ein Rechtsradikaler.

Ein Polizist steht neben einem Schild, auf dem "Wehrhahn" steht

15 Jahre danach: Ein Polizist steht am 21. Juli 2015 an der S-Bahn-Haltestelle Wehrhahn Foto: dpa

BERLIN taz | Fast 17 Jahre nach dem Anschlag auf die Düsseldorfer S-Bahn-Station Wehrhahn könnte der Fall gelöst sein: Die Polizei nahm am Mittwochmorgen als Tatverdächtigen den 50-jährigen Ralf S. in Ratingen bei Düsseldorf fest. Gegen den Mann wurde Untersuchungshaft angeordnet.

Bei dem Anschlag war im Juli 2000 eine Art Handgranate explodiert, die in einer Tüte an einem Geländer des S-Bahnhofs Wehrhahn hing. Sieben Frauen und drei Männer wurden teils schwer verletzt, eine Schwangere verlor ihr Baby. Alle Opfer kamen aus Osteuropa und waren Teilnehmer eines Sprachkurses an einer nahegelegenen Wirtschaftsschule. Sechs von ihnen waren auch Mitglieder lokaler jüdischer Gemeinden.

Der Anschlag hatte für großes Aufsehen gesorgt. Ermittler hatten schon damals „vorrangig“ ein „ausländerfeindliches“ Motiv ermittelt. Eine „heiße Spur“ aber fehlte laut Polizei. Als wenige Monate später auch ein Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge erfolgte, rief der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) einen „Aufstand der Anständigen“ aus. Zuletzt wurde 2011 nach dem Auffliegen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ geprüft, ob der Wehrhahn-Anschlag mit den Rechtsterroristen zusammenhängt.

Auch der jetzt festgenommene Ralf S. stand schon früh im Fokus der Ermittler. Der Mann betrieb damals gleich neben dem Bahnhof Wehrhahn einen Militaria-Laden. Sicherheitsbehörden war er als Rechtsextremist bekannt. Anwohnern galt er als „Sonderling“, der mit seinen Hunden durch die Straßen patrouillierte. Die Ermittler hatten Ralf S. bereits nach dem Anschlag als Beschuldigten geführt und befragt. Der Verdacht erhärtete sich damals allerdings nicht, weil er ein Alibi vorweisen konnte.

Angeklagter arbeitete als „Sicherheitsberater“

Nach taz-Informationen meldete sich vor zwei Jahren allerdings ein Zeuge, der den Ermittlungen die entscheidende Wende gab. Von einer „ausgesprochen plausiblen“ Aussage ist in Justizkreisen die Rede. Seitdem wurde nochmals intensiv gegen Ralf S. ermittelt – was nun zu dessen Festnahme führte. Der 50-Jährige bot bis zuletzt seine Dienste als „Sicherheitsberater“ und Ausbilder für Personenschützer im Internet an – nach taz-Informationen allerdings ohne große Nachfrage.

Am Nachmittag wollen Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück und Polizeipräsident Norbert Wesseler auf einer Pressekonferenz detailliert über die Festnahme informieren.

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