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Fernbusse und GüterverkehrBahn fährt in die Miesen

Unternehmenschef Grube machen neue Konkurrenz und Weltkonjunktur zu schaffen. Jetzt sollen wieder mehr Städte Fernverkehr bekommen.

Hallo Lokführer, bitte keine Verluste mehr einfahren! Foto: dpa

Berlin taz | Rasend schnell geht es seit Sonntag mit der Deutschen Bahn von Erfurt nach Halle (Saale) und Leipzig. Hier verkürzt sich die Fahrtzeit um etwa die Hälfte auf rund 35 Minuten. Grund dafür ist die neue 123 Kilometer lange und 2,8 Milliarden teure Hochgeschwindigkeitstrasse, die ab 2017 ein Herzstück der 4-Stunden-Verbindung zwischen Berlin und München sein wird.

Für Bahnchef Rüdiger Grube ein Grund zur Freude – aber sonst hat er in diesen Vorweihnachtstagen wenig zu lachen. Zu groß sind die Probleme in Grubes Konzern. Einen Teil der Lösung will er an diesem Mittwoch bei der wichtigsten Aufsichtsratssitzung des Jahres präsentieren.

2015 dürfte der bundeseigene Konzern bei einem Umsatz von gut 40 Milliarden Euro einen Verlust von gut einer Milliarde Euro ausweisen, wie bereits Anfang Dezember aus Aufsichtsratskreisen durchsickerte. Es wäre das erste Minus seit zwölf Jahren.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Ein Sorgenkind ist die Güterverkehrssparte. Sie hatte nicht nur mit privater Konkurrenz und streikenden Lokführern zu kämpfen, sondern auch mit der lahmenden Weltkonjunktur, die die globale Nachfrage nach Transportdienstleistungen bremst.

Mehr Bahn in Siegen und Iserlohn

Im Inland machten der Bahn im Fernverkehr die Lokführerstreiks und Ausfälle durch Unwetter – etwa Stürme und Überschwemmungen – zu schaffen. Vor allem bereitet der Bahn die politisch gewollte Billigkonkurrenz durch private Fernbusunternehmen Probleme.

Dagegen setzt die Bahn nun eine Langfriststrategie, um Kunden zurückzugewinnen. So sollen viele Städte, die vom Fernverkehr abgehängt wurden, wieder einen Anschluss bekommen – wie zum Beispiel Siegen, Krefeld, Iserlohn oder Mönchengladbach.

Das Problem dabei: Es dauert, und die dafür nötigen neuen Züge müssen bezahlt werden. Immerhin kommen nun im Fernverkehr die ersten neuen Doppelstockzüge zum Einsatz – im Bahnjargon Dosto genannt. Ihr Vorteil: Sie gelten als stabil und zuverlässig; ihr Vorbildmodell rollt im Regionalverkehr seit Langem. Im Unterschied zum Regionalzug gibt es schallschluckende Teppiche und mehr Platz für Gepäck. Zudem sind Reservierungen möglich.

Grube hatte im Sommer einen weitreichenden Konzernumbau in Gang gesetzt. Er schnitt die Vorstandsposten neu zu, verkleinerte das Gremium und besetzte einige Posten neu. Auch eine Teilprivatisierung der internationalen Tochterunternehmen Arriva und Schenker Logistics ist in der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch Thema. Im Zuge des Konzernumbaus könnten auch Arbeitsplätze wegfallen, vermutlich im Schienengüterverkehr.

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3 Kommentare

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  • Hier fehlt noch ein Milliardengrab - neben anderen - nämlich Stuttgart 21.

     

    Mit absehbaren 8-10.000.000.000 Euro dürfte da jedes Jahr eine Milliarde zu zahlen sein - für eine Reduzierung der Bahn-Kapazität.

     

    Ich frage mich, ob eine AG diese Verschwendung nicht beenden müßte -

    oder ob mal wieder eine Strafanzeige gegen den Bahn-Vorstand fällig ist?

     

    Woanders fährt die Bahn gegen die Wand - Knoten Köln, Frankfurt, Dortmund, Güterfernverkehr usw.

     

    Aber das interessiert den "Vorstand" nicht.

  • Wenn die globale Nachfrage nach Transportdienstleistungen ein Grund sein soll, kann das aber nicht an den Verhältnissen auf dem hiesigen Binnenmarkt liegen.

     

    Ansonsten ist die Geringschätzung, die die Bahn und ihre öffentliche Aufgabe als Dienstleister für die Gesellschaft weiterhin durch die Politik erfährt als Ursache bekannt.

    Öffentliche Aufgaben haben schließlich immer noch einen Hauch von Sozialismus, den man ja nicht will.

  • Die Bahn AG, seit der Privatisierung und insbesondere seit Mehdorn auf die schiefe Bah der McKinsey-Herrschaft gekommen, dürfte es nicht mehr aus eigener Kraft schaffen sich zu erholen. An katastrophalen Projekten wie Stuttgart 21 wird nach wie vor festgehalten. Und die Politik schaut zu wie ein Herr Grube seit Jahren Bahnstruktur abbaut und Versäumnisse anhäuft - aber es gibt dann immerhin WLAN - und die Bahn gegen die Wand fährt. - Charakteristisch in diesem taz-Artikel ist leider wieder einmal daß u.a. "die Lokführer" schuld sind. Nein, Herr Rother: die GDL-Lokführer-Streiks sind nur ein Symptom eines versagenden Managements!