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Feridun Zaimoglu zur Islamkonferenz"Verstehe Leitkultur-Geschwätz nicht"

Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu hält den Ausschluss des Islamrats aus der Islamkonferenz für "unseriös". Man dürfe die Verbände nicht wie Schachfiguren hin- und herschieben.

Feridun Zaimoglu: "Die Verbände werden dämonisiert". Bild: dpa
Sabine am Orde
Interview von Sabine am Orde

taz: Herr Zaimoglu, vor Beginn der zweiten Islamkonferenz gibt es massiven Streit. Der Anlass ist der Ausschluss des Islamrats durch den Innenminister. Wie beurteilen Sie das?

Feridun Zaimoglu: Das ist eine falsche Entscheidung. Eine ganz falsche!

Warum?

Das ganze ist unseriös. Das Bundesinnenministerium kann sich doch nicht die Islamkonferenz je nach seiner saisonalen Meinung wie eine Tischgesellschaft neu zusammenstellen. Ich habe den Eindruck, dass sie kein Dialogforum mehr sein soll, sondern zu einer Veranstaltung "Der Islam zu Gast beim Innenminister" wird.

Bundesinnenminister de Maizière argumentiert, er wolle sich nicht mit Verbänden an einen Tisch setzen, gegen deren Repräsantanten ermittelt wird.

Ich verstehe zwar, dass wenn gegen manche in den Verbänden ermittelt wird, diese nicht an der Islamkonferenz teilnehmen sollen. Das kann aber nicht für den ganzen Verband gelten. Es kann nicht sein, dass man die Verbandsvertreter erst dämonisiert und sie dann wie Schachfiguren hin und herschiebt, einlädt und ausschließt und ihnen dann sagt, das müsst ihr hinnehmen, sonst seid ihr nicht reif für den Dialog.

Feridun Zaimoglu

kam 1965 aus der Türkei mit seinen Eltern nach Deutschland und lebt in Kiel. Er arbeitet als Schrifsteller und Journalist und schreibt unter anderem für Die Zeit.

Inwiefern wurden die Verbände dämonisiert?

Im Augenblick erleben wir doch eine Schwarz-Weiß-Malerei: Auf der einen Seite die Lichtgestalten der Aufklärung, auf der anderen die dunklen Kräfte der Religion. Das ist in der Islamkonferenz der Fall. Und natürlich in den Medien. Dort gibt es richtige Hetzer, die zum Teil noch nie eine Moschee von innen gesehen haben. Hier geht es um den sozialen Frieden, auch wenn das ein spießiges Wort ist.

Die Verbände üben derzeit harsche Kritik, Aiman Mazyek vom Zentralrat hat gerade kundgetan, die Islamkonferenz sei kein Dialogforum mehr, sondern ein Forum, in dem der Innenminister die deutsche Leitkultur durchsetzen will. Teilen Sie diese Kritik?

Ich bin Deutscher und ich mache mich für einen deutschen Islam stark. Deshalb verstehe ich das allgemeine Geschwätz von der deutschen Leitkultur nicht, auch wenn es von Konservativen und Rechtskonservativen immer wieder als als politischer Knüppel gebraucht wird. Deshalb kann ich mit dem Vorwurf nichts anfangen, auch wenn ich den Zorn mancher Verbandsvertreter durchaus nachvollziehen kann. Es muss doch darum gehen, Deutsche muslimischen Glaubens sichtbarer zu machen und eine Normalisierung herzustellen.

Nutzt die Islamkonferez dabei?

Ja, das kann sie. Ich fand und finde die Islamkonferenz sinnvoll. Es darf aber nicht um Profilneurosen gehen, nicht darum, allen Teilnehmern seine eigenen politischen Vorstellungen aufzudrücken und nicht um bloße Streitkutltur, bei dem sich die blöden Muselmanen schlagen. Es muss um das Alltägliche gehen. Um Entschlüsse, die den Praxistest bestehen können: Der deutsche Staat soll die Ausbildung von Religionslehrern übernehmen. Wie sieht es aus mit islamischen Friedhöfen aus? Wie kann man das Problem lösen, dass der Islam keine Kirche will, der Staat aber einen Ansprechpartner sucht? Aus diesem Grund haben sich ja auch einige Verbände zusammengeschlossen. Wenn die Islamkonferenz einen Sinn geben soll, sollte man aufhören, sie mal ein- und mal auszuschließen.

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19 Kommentare

 / 
  • DP
    Daniel Preissler

    Janina, du scheinst nicht zu wissen, dass nach Atheisten, Katholiken und Protestanten die Moslems die bei weitem größte Gruppe in Deutschland ausmachen. Viele Überlegungen und Diskussionen müssen mit Hindus oder Buddhisten nicht im selben Maße stattfinden, einfach weil sie bei uns aufgrund der geringen Zahl gesellschaftlich weniger relevante Gruppen sind.

     

    Die stärkere Vertretung des Islam in D, erklärt sich also durch die Anzahl der Gläubigen, die des Judentums durch die Geschichte. Beides ist gerechtfertigt und bedeutet nicht, dass andere Gruppen "weniger wert" oder irgendwie schlechter wären.

    Über genaue Zusammensetzungen verschiedenster Gremien kann man dann natürlich immer noch streiten.

    Gruß

     

    Ach ja: @frausagt

    lies dir doch mal ein paar Kommentare hier (zu verschiedenen Themen) durch oder allgemein einfach mehr Zeitung. Deine Kritik ist nämlich unhaltbar, und das wird dir dann auffallen, wenn du die von dir kritisierte Sprache mit anderen Beiträgen vergleichst. Es geht dir eben nur darum, dem Moslem die "demokratische Streitkultur" und damit evtl. durch die Hintertür auch die Reife für unsere aufgeklärte Gesellschaft abzusprechen. Ich gratuliere dir zu deinem Freundes- und Bekanntenkreis, der wirklich dufte sein muss, wenn eure Streitkultur da wesentlich niveauvoller ist. Allein - glauben tue ich das nicht.

    Gruß

  • KB
    karin bryant

    Islamische Vereine koennen sich nicht einigen,also sollten die Innenminister der Bundeslaender tagen und ein Papier praesentieren dass Muslime akzeptieren koennen oder ablehnen.Die das Ablehnen sollten dann die Konsequenzen ziehen und auswandern in Laender in denen sie leben koennen wie sie es sich vorstellen.Aber in D gelten keine islamische Gesetze und Sitten,ohne WENN und ABER.

  • F
    frausagt

    Emotionalisierte Vorwürfe und Beschimpfungen, ungenau und genervt.

    Da ist die Rede vom "Zorn" gegen das "Geschwätz"; von "unseriös", "dämonisieren", "Schachfiguren", "politischen Knüppeln", "Hetzern" in den Medien. Schlechte Argumente und unangemessene Sprache. Demokratische Streitkultur hört sich für mich anders an.

  • J
    Janina

    @ Rebundus

     

    Na dann erklären Sie mir mal bitte, warum wir keine Hinduistenkonferenz, keine Buddhistenkonferenz etc. haben?

     

    Warum gibt es nur mit einer Religion zu viel Trouble?

     

    Und wenn sie den Religionsunterricht für Moslems fordern, was machen wir dann mit Buddhisten, Hinduisten oder anderen religiösen Minderheiten? Sollen wir ihnen sagen: Pech gehabt, ihr seid lieb, integriert euch, deswegen beachten wir euch nicht?

     

    Und diese Menschen wurden hier nicht geholt und schon gar nicht als Gäste, es war ein reines Arbeitsvertrag, der KEINE Ansiedlung vorgesehen hat.

     

    Und was die Islamkonferenz angeht, es wurde dort ein Verein ausgeschlossen, der offensichtlich verfassungswidrige und kriminelle Ziele verfolgt. Wollen Sie allen ernstes mit Verfassungsfeinden diskutieren?

  • R
    Rebundus

    Herr Zaimoglu hat Recht.

     

    Die Leute sind da, Deutschland hat sie geholt um von ihnen zu profitieren. Jetzt leben sie seit Jahrzehnten hier - Zeit ihnen das abzuverlangen, was mancher nicht eingestehen will: Volle Teilhabe & Teinahme.

     

    D.h. verpflichtende Deutschkurse, Religionsunterricht mit in Deutschland ausgebildeten Lehrern etc.... genau das Gleiche gewähren, was man den christlichen Kirchen bietet, aber auch genau das gleiche verlangen: Verfassungstreue & Diskriminierungsverbot etc.

     

    Wir Deutschen müssen uns von der Vorstellung verabschieden, jemand mit shwarzen Haaren und dunklem Teint könne automatisch nur "Gast" sein.

     

    (Wenn's denn mal so wäre, um Gäste kümmert man sich, die Zuwanderer haben wir jahrzehntelang ignoriert und nun wurdern wir uns, dass es da ein Parallelgesellschaft gibt).)

  • S
    Stefan

    Da gibt es wenig hinzuzufügen. Wenn die taz so etwas veröffentlicht, kann sie auch neutrale Berichte über ... die NPD zulassen.

  • G
    Gunter

    "Ich bin Deutscher und ich mache mich für einen deutschen Islam stark..." klingt überhaupt nicht so ?

  • O
    oxymoron

    @Bundespopel und Magdalena Sawatzki,

     

    da habt ihr ein schönes Wort entdeckt (Geschlechterrassismus), mit dem ihr wiederum antiislamischen Rassismus betreiben könnt. Ich könnte in jede Religion schwachsinnige Sachen finden, so wie Abtreibungsverbot oder Verhütungsverbot im Christentum, das Zöllibat usw...

    Als Atheist finde ich alle Religionen irrational, teilweise frauenfeindlich, kinderfeindlich, sexistisch usw...

    Deswegen habe ich das Recht nicht zu glauben, was ich auch sehr gerne praktiziere :-))

    Das könntet ihr auch, ohne bestimmen wollen an was die anderen glauben sollen und was nicht. Aber eine bestimmte Sache aus einer Religion rauszupicken und damit gegen diese Religion zu hetzen ist populistisch.

    Sie unterstellen damit allen muslischen Frauen, dass sie zu dumm sind um sich zu wehren. Wenn sie lieber hinter den Männern beten wollen ist es ihre Sache. Ich würde es niemals machen, aber ich gehe auch an sich nie beten. Genauso soll jeder Priester auf Sex verzichten, wenn er das unbedingt will, so lange er seine Sexualität nicht mit Kindern auslebt.

     

    Also, wer sucht, der findet immer was :-)) In Islam kann man genauso viele Schwachsinnigkeiten finden wie im Islam, Judentum usw...

  • A
    alcibiades

    Ich kann nicht verstehen, warum die taz diese ganzen rassistischen Kommentare immer und immer wieder freischaltet. Deckt sich das mit der Meinung der Redaktion? Doch wohl hoffentlich nicht. Ob man die stereotypen Pseudo-Argumente unter dem Deckmäntelchen der "Aufklärung" (als ob die jemals in Europa weite Bevölkerungskreise erreicht hätte!) oder des Feminismus oder was auch immer verbrämt, es bleibt doch immer dasselbe. Es sind ja auch immer die gleichen Namen, die sich hier verewigen. Das gibt leider auch der ganzen an sich lobenswerten Berichterstattung ein "Gschmäckle".

  • O
    Omar

    Ohja, jetzt kann das schöne Zaimoglu-Bashing starten.

     

    Die Islamkonferenz (und da vor allem das Innenministerium) muss sich entscheiden, was es bieten möchte. Wenn der Staat mit einer der beiden Hauptkirchen in Deutschland diskutiert, dann besteht er auch nicht darauf gleich alle anderen Kirchen und Nichtkirchen miteinzubeziehen. Für Muslime gilt aber scheinbar: Ohne die Kritiker (und Hetzer) wird keine Diskussion mit dem Staat geführt. Dass es dabei offensichtlich nicht darum geht, die Anzahl der vertretenen Menschen zu erhöhen erkennt man daran, dass nicht etwa mehr Organisationen (etwa die islamische zeitung als Multiplikator, die "muslimische Jugend" als Jugendorganisatione) hinzugezogen wurden, sondern Einzelvertreter, deren Meinung zumeist in den Medien breitgetreten werden (wie etwa Necla Kelek und Seyran Ates). Das Innenministerium verspricht sich davon, dass es selbst immer schön die Mittlerposition einnehmen darf - und Menschen gegeneinander ausspielen darf. Das hatte sich Feridun Zaimoglu dankenswerter Weise nicht gefallen lassen. Seine Interviewaussagen sind dementsprechend konsequent und sehr richtig!

  • HF
    Homo Faber

    Ich bin für eine strikte Trennung von Staat und Kirche. Deshalb ist es nicht Aufgabe des Staates Religionslehrerinnen für den Islamunterricht auszubilden. Und schon sowieso nicht, wenn ohnehin ausschließlich an die Ausbildung von Lehrern (m) gedacht ist.

  • A
    Ahmad

    Und wieder marschiert der rassistische Mob in den Taz-Leserkommentaren auf. Leute, kümmert euch endlich mal darum.

  • L
    Lurchi

    Was kann man denn an den Aussagen da bitte nicht verstehen? Die Islamkonferenz sollte sich nicht zum Ziel setzen, nur mit den Vertretern eines Islam zu sprechen, die einem gerade passen. Es geht darum, den real existierenden Islam irgendwie zu repräsentieren, und da gehören der Islamrat und Mili Görüs nun mal dazu. Mal ganz davon abgesehen, dass laufende Verfahren - und das kann man in einem "humanistischen", "aufgeklärten" Rechtsstaat nicht oft genug betonen - keine rechtskräftigen Verurteilungen sind!

    Kurz und gut: Wenn man etwas zu kritisieren hat, und wenn man etwas verändern möchte, dann muss man sich damit auseinandersetzen. Ausschließen ist, und da hat Herr Zaimoglu nun mal recht, einfach unseriös. Man zeigt dadurch nur, dass man überhaupt kein Interesse mehr am Dialog hat.

    Und jetzt - husch,husch - zurück zu pi mit euch!

  • H
    H.Klöcker

    Religion und Staat sollte in Deutschland längst getrennt sein. Also Kreuze, Nonnen und Priester raus aus Schulen und Kindergärten, und natürlich die Kirchensteuer abschaffen.

     

    Jede Form von Religion halte ich für Irrsinn und bodenlose Dummheit. Aber O.K., wer es braucht sollte dem natürlich in einer Demokratie nachgehen können, aber dann bitte privat.

     

    Und einen agressiven Islam der Menschen Vorschriften machen will und der Nichtgläubige, Homosexuelle oder Andersgläubige sogar bedroht, müsste natürlich bei uns verboten werden, da so etwas gegen unsere Verfassung verstößt.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=DcCVFKEWJxM

  • G
    Gandalf

    Ja Herr Zaimoglu, es gibt so etwas wie die Leitkultur in Deutschland, das ist die Kultur des Humanismus und Aufklären, dass sie aber diese Werte für Geschwätz halte, verwundert mich nicht.

  • MS
    Magdalena Sawatzki

    Herr Zaimoglu ich habe eine Moschee von innen gesehen, ich habe gesehen wie es einen schönen großen Eingang vorne für Männer gibt und einen kleinen durch den Keller für Frauen, ich habe gesehen wie Männer und Frauen getrennt beten müssen, wobei für Männer selbstverständlich der repräsentative Raum vorbehalten wird und für Frauen der kleine nebenan, sie dürfen übrigens auch nicht den Imam zu Gesicht bekommen.

     

    Wissen sie Herr Zaimoglu was das für mich ist? Das ist für mich Geschlechterrassismus und ich möchte so etwas nicht dulden.

  • B
    Bundespopel

    Nun ja, dass Herr Zaimoglu einige Sachen nicht versteht, verwundert mich nicht, was sollte man sonnst von einem halten, der sich stark für islamische Kopftücher macht, die ein Zeichen des Geschlechterrasismus sind.

  • L
    Lebkuchenmesser

    Verstehe den Zaimoglu-Geschwätz nicht.

  • JW
    Jan Wiechel

    Was soll man von einem Menschen wie Feridun Zaimoglu halten, der es für falsch hält, dass man eine Organisation ausschliesst, die offensichtlich verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.