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Fast FashionBrandenburger Tor nur Kulisse

Greenpeace baut eine Figur aus Kleidermüll vor dem Brandenburger Tor. Die Gruppe fordert ein Anti-Fast-Fashion Gesetz.

Gegen Fast Fashion aufgetürmt: Installation am Brandenburger Tor Foto: Clara Dünkler

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Clara Dünkler aus Berlin

taz | Super-Mario verteilt Tulpen, Tourguides sammeln ihre Grüppchen um sich und eine Schulklasse posiert zum Bild. Eigentlich ein gewöhnlicher Vormittag am Brandenburger Tor. Doch an diesem Morgen ist das berühmte Bauwerk eher Hintergrundkulisse. Denn davor steht die fünf Meter große Figur einer Frau. Elegant wirft sie sich in Pose. Pullis, Jacken und Hosen häufen sich zu ihren Füßen. Auch ihr Rock besteht aus drapierten Kleidungsstücken. Es wirkt, als ob die Figur selbst dem Haufen entwachsen sei. Davor Schilder mit der Aufschrift: „Fight Fast Fashion“.

Vor dem Kleiderberg beugt sich Sandy Oberländer zu ihrem Sohn herunter und deutet auf die Fotos, die daneben aufgebaut sind. Sie zeigen Aufnahmen des Müllbergs des Kantamanto-Markts von Accra in Ghana. Hier sammelten die Greenpeace-Aktivist:innen, von denen die Aktion stammt, die Kleidungsstücke für die Kunstinstallation. Damit wollen die Ak­ti­vis­t:in­nen zeigen: Was in Deutschland im Altkleidercontainer landet, trägt in Ländern des globalen Südens zur massiven Umweltbelastung bei. „Ich mag Kleider total“, sagt Oberländer. Aber Nachhaltigkeit sei ihr wichtig, und das versuche sie auch ihrem Sohn zu vermitteln.

„Mehrere hundert Kilo Kleidung sind es bestimmt“, sagt Thilo Maack, Aktivist bei Greenpeace, die für die Installation verwendet worden seien. Nur ein paar Stunden war das Kunstwerk aufgebaut. Berlin ist nur der Tourauftakt. Durch insgesamt 30 deutsche Städte wollen die Ak­ti­vis­t:in­nen mit der Installation ziehen. Denn: In einem Monat ist „Black Friday“. Ein Tag, der für kompletten Überkonsum steht.

Schü­le­r:in­nen wissen Bescheid

Die meisten, die die Installation betrachten, sind natürlich eigentlich nicht deswegen hier. So wie Nida und Kerim, die auf Abschlussfahrt sind und mit ihrer Klasse Sightseeing machen. Ursprüngliches Ziel ist entsprechend das Brandenburger Tor gewesen, darüber kann Karim aber nicht so viel sagen. Über Fast-Fashion ist der Zehntklässler dagegen bereits informiert. „Ich verstehe gar nicht, wie das so billig sein kann“, sagt er. Das hänge mit der Kinderarbeit zusammen. Seine Mitschülerin Nida stimmt ihm zu. Auch sie findet es nicht gut. Stattdessen solle man lieber Second-Hand kaufen, sagt sie.

Es geht Greenpeace bei der Aktion nicht nur darum, Menschen über Fast-Fashion zu informieren. Vor allem sammeln die Ak­ti­vis­t:in­nen Unterschriften für ihre Petition: Nach französischem Vorbild fordert die Gruppe ein Anti-Fast-Fashion-Gesetz. Dazu soll ein Werbeverbot gehören, eine Abgabe für die Hersteller und es sollen Anreize geschaffen werden, Kleidung nachhaltig zu produzieren.

Kerim und Nida müssen jetzt weiter, heute steht noch eine Gedenkstätte und der Bundestag auf der Liste der Sightseeing-Ziele. Auf ihrem Klassenfoto ist die Anti-Fast-Fashion Figur jedenfalls verewigt. Früher hätte man das als Photobombing bezeichnet, aber die Gen alpha hat dafür wahrscheinlich ein eigenes Wort.

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