Farbkennzeichnung für Gastronomie: Ekel-Restaurants werden geoutet
Die Länder haben sich darauf geeinigt, die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen zu veröffentlichen. Die Gastronomie soll 2012 den Anfang machen.
BREMEN/BERLIN taz | Verbraucher sollen nach dem Willen der Bundesländer künftig erfahren, ob ein Restaurant sich an die Regeln zur Hygiene und Lebensmittelkennzeichnung hält. Die Verbraucherminister hätten sich "auf ein bundeseinheitliches Modell geeinigt, mit dem die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen in Form eines Farbbalkens, eines sogenannten Kontrollbarometers, regelmäßig veröffentlicht werden", sagte die Bremer Senatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) am Donnerstag nach einer Konferenz mit ihren Amtskollegen. Gaststätten beispielsweise sollten die Balkendiagramme mit den Ergebnissen der letzten amtlichen Inspektionen an einer von außen sichtbaren Stelle aufhängen, etwa am Eingang neben der Karte.
In den mehrfarbigen Kontrollbarometern zeigt ein Pfeil auf Grün, wenn der Betrieb die Anforderungen völlig oder mit geringfügigen Ausnahmen erfüllt hat: wenn er also zum Beispiel Fleisch kühl genug lagert, die Köche wissen, dass sie sich die Hände waschen müssen, und Konservierungsstoffe auf der Karte angegeben werden. Stellen die Kontrolleure mehrere oder mittelschwere Mängel fest, gibt es ein Gelb. Bei schwerwiegenden Problemen steht der Pfeil auf Rot. Verhandelt werden soll noch, ob es nur die drei Ampelfarben oder auch Zwischenstufen geben wird.
Bäckereien, Schlachtereien, Kantinen
"Unser Ziel ist, dass die Verbraucher ab 1. Januar 2012 an den Türen der Restaurants auf einen Blick ablesen können, wie es dort insbesondere um die Hygiene bestellt ist", ergänzte Senatorin Rosenkötter. Später würden alle weiteren Betriebe hinzukommen, die der Lebensmittelüberwachung unterliegen - unter anderem Bäckereien, Schlachtereien, Kantinen und Läden.
Dafür müsse der Bund die gesetzliche Grundlage schaffen, forderten die Länder in ihrem Beschluss. Robert Kloos, Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, erklärte, sein Haus werde diesen Wunsch "zügig aufgreifen". Nordrhein-Westfalens Ressortchef Johannes Remmel (Grüne) verlangte bereits, den Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause vorzulegen. NRW hatte eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern geleitet, die einen Vorschlag für die Kennzeichnung erstellt hatte.
Mit dem Beschluss erfüllen die Minister eine alte Forderung des Verbraucherzentrale Bundesverbands und der Organisation Foodwatch. Sie argumentieren, dass der Druck auf schwarze Schafe in der Wirtschaft wachse, wenn die Ergebnisse der Kontrollen öffentlich sind. Denn wenn Verbraucher wegen einer schlechten Bewertung Betriebe meiden, sei das oft schmerzhafter für die Inhaber als Bußgelder.
Smileys verbssern die Hygiene
Das soll langfristig die Hygiene verbessern: Seit Dänemark die Ergebnisse in Form eines Smileys veröffentliche, sei dort der Anteil der Betriebe mit der Bestnote von 70 Prozent im Jahr 2002 auf 86 Prozent sieben Jahre später gestiegen, berichtete die Verbraucherzentrale. Ähnliche Ergebnisse habe ein Modellversuch in Berlin gehabt. Bisher beanstanden Kontrolleure nach Angaben aus Nordrhein-Westfalen jeden vierten Betrieb der Gastronomie in Deutschland, vor allem wegen mangelnder Hygiene.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) dagegen lehnt die Veröffentlichung ab. "Es gibt zu wenige Kontrolleure", sagte Sprecherin Stefanie Heckel. "Wenn ein Betrieb schlecht bewertet wird, muss er unter Umständen mehrere Monate oder Jahre warten, bis er wieder kontrolliert wird und eine bessere Bewertung bekommt." Zudem dürften die Ergebnisse nicht im Internet veröffentlicht werden, aus dem auch veraltete Bewertungen kaum zu löschen seien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin