Farbenspiele: Schwarz-Grün soll nicht sterben
Der Streit um den Berliner Ausschluss einer schwarz-grünen Koalition geht weiter. Nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein bestehen auch Hamburgs Grüne auf einer eigenständigen Koalitionsentscheidung.
HAMBURG taz | Der Streit zwischen Nord-Grünen und Berliner Fraktionsspitze um schwarz-grüne Koalitionsoptionen ist am Wochenende in eine neue Runde gegangen. Nach Kritik aus Niedersachsen hat nun auch die Hamburger Grünen-Chefin, Katharina Fegebank, die Absage der Berliner Fraktionsspitze gegenüber schwarz-grünen Bündnissen zurückgewiesen. "Ich finde das gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen in Schleswig-Holstein nicht richtig", sagte sie der Nachrichtenagentur DPA.
Nach der Wahlniederlage in Berlin hatten die gemeinsamen Bundestagsfraktionsspitzen Renate Künast und Jürgen Trittin eine grundsätzliche Absage an schwarz-grüne Bündnisse gefordert und dabei auch die Landtagswahlen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein einbezogen. Trittin gab als künftige Losung aus, dass die Grünen "die schwarz-gelben Regierungen rückstandsfrei ablösen" wollten. Mit dieser Linie kehrte Renate Künast von der Haltung ab, die sie als Spitzenkandidatin im Berliner Wahlkampf vertreten hatte.
Hamburgs Grünen-Chefin Fegebank, die in der letzten Woche ihre erneute Kandidatur für den Parteivorsitz angekündigt hat, verwies dagegen auf den Beschluss des Bundesparteitags in Oldenburg, nach dem allein in den Ländern entschieden werde, mit wem die Grünen wollen.
Zu der bundesweit ersten schwarz-grünen Landesregierung in Hamburg, die nach dem Rücktritt von CDU-Bürgermeister Ole von Beust zerbrochen war, sagte Fegebank: "Wir haben gesagt, wir probieren es, weil es hier vor Ort passt." Zwar stünden im Bund derzeit die Zeichen auf rot-grün, doch könnten bis zum Wahltermin 2013 "andere Konstellationen viel greifbarer" sein.
Auch der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel hatte gegenüber der DPA dafür plädiert, im Hinblick auf die Landtagswahl 2013 keine möglichen Koalitionsoptionen im Vorfeld auszuschließen. "Dann landen wir in Situationen wie in Hessen oder anderen Bundesländern, wo man sich am Ende völlig blockiert hat, nicht mehr regierungsfähig war, und der politische Gegner das Zepter wieder in die Hand genommen hat", sagte Wenzel
Die niedersächsische Landesvorsitzende der Grünen, Anja Piel, kritisierte, dass sich Wenzel gegenüber der DPA geäußert hat. Der Ort, um Koalitionsfragen zu diskutieren, sei der Landesparteitag. Schließlich habe die Partei eine "funktionierende Basisdemokratie". Piel kündigte an, das Thema am Dienstag auf einer öffentlichen Fraktionssitzung zu diskutieren.
Widerstand gegen die Vorgabe der Berliner Fraktionsspitze kommt auch aus Schleswig-Holstein. Der dortige Grünen-Landesvorsitzende Robert Habeck verwahrte sich im Flensburger Tageblatt gegen "Bevormundungen aus Berlin". Die Nord-Grünen wollten sich nicht an Ritualschlachten beteiligen, sondern mit Argumenten einen sachlichen Wahlkampf führen. Gegenüber der taz nannte er sowohl CDU als auch SPD "okaye Gesprächspartner" für ein Regierungsbündnis. Zwar stünde die SPD den Grünen inhaltlich näher, noch gebe es aber kein klares Wahlprogramm der Partei.
An anderer Stelle bemüht man sich inzwischen um eine Glättung des Zwists zwischen dem Norden und Berlin. So verwies Niedersachsens Fraktionschef Wenzel auf eine Telefonkonferenz des Parteirats, bei der man sich mit Trittin und Künast über das Thema ausgetauscht habe. "Ich glaube, es ist auch von den beiden verstanden worden." Auch der Parteivorsitzende Cem Özdemir bemühte sich darum, den Konflikt zu begrenzen. Die Partei brauche jetzt keine Koalitionsdebatte. Zugleich unterstützte er jedoch die Nord-Landesverbände: "Der Bund macht bei uns den Landesverbänden keine Ansagen."
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