Familientragödie: Mutter tot, Säugling verdurstet
Säugling stirbt in Charlottenburg, nachdem die Mutter eine Überdosis Drogen genommen hat. Stadträte: die Versorgung der Frau war gut.
Die Serie der Fälle von Kindesvernachlässigung reißt nicht ab: Am Donnerstagabend hat die vom Jugendamt alarmierte Polizei eine junge Lettin und ihr sechs Wochen altes Baby tot in ihrer Charlottenburger Wohnung gefunden. In einem ersten Obduktionsbericht vom Freitag heißt es, das Mädchen sei verdurstet. Es gilt als wahrscheinlich, dass die 24-jährige Mutter zuvor an einer Überdosis Drogen starb.
Gab es Versäumnisse seitens der Behören? Die zuständigen Stadträte aus Charlottenburg-Wilmersdorf, die am Freitag vor die Presse traten, verneinten das. Die Frau habe in engem Kontakt mit dem Jugend- und Gesundheitsamt gestanden, eine Lücke in der Betreuung habe es nicht gegeben. "Wir sind entsetzt, dass trotz der engmaschigen Versorgung der Tod nicht verhindert wurde", sagte die Stadträtin für Gesundheit und Soziales, Martina Schmiedhofer (Grüne). Vorwürfe wiesen die Bezirksvertreter zurück. "Man kann nicht zu hundert Prozent ausschließen, dass so etwas passiert", sagte die zuständige Jugendamtsleiterin Uta von Pirani.
Die Lettin lebte nach den Angaben seit 2004 in Berlin. Da sie positiv auf HIV und Hepatitis C getestet war, hatte sie sich als Schwangere bei der Charité gemeldet. Dort brachte sie im Oktober ihre Tochter zur Welt. Die Frau galt als gelegentliche Kokainkonsumentin. "Die Entscheidung, den Säugling nicht von der Mutter zu trennen, hat das Jugendamt in Übereinstimmung mit dem Sozialdienst der Charité getroffen", sagte Reinhard Naumann (SPD), Stadtrat für Jugend.
Die alleinstehende Frau erhielt wöchentlich Besuche einer Krankenschwester und musste regelmäßig Drogentests machen. Diese seien nach der Geburt negativ gewesen, hieß es. Die Frau selbst und ihre Wohnung hätten einen gepflegten Eindruck gemacht. Mit dem Kind sei sie gut umgegangen.
Als die Mutter am Mittwoch nicht öffnete, habe das Amt versucht, sie telefonisch zu erreichen. Nachdem sie auch am Donnerstag zu einer Untersuchung an der Charité nicht erschienen war, fuhren zwei Sozialarbeiterinnen zur Wohnung. Polizei und Feuerwehr brachen schließlich die Tür auf und fanden die Leichen. "Wir haben innerhalb von 24 Stunden reagiert. Das ist ein Zeitrahmen, der nicht zu beanstanden ist", sagte Naumann.
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