: Fall des Kupferriesen Sumitomo
Chefkupferhändler des japanischen Konzerns hat sich verspekuliert und 2,74 Milliarden Mark Verluste verheimlicht. Börsenkurs wurde ausgesetzt ■ Aus Tokio Georg Blume
Zigtausende Bergarbeiter in den Kupferminen der Dritten Welt dürfen zumindest vorübergehend aufatmen. Am Freitag wurde der einflußreichste Spekulant an den großen Kupferbörsen der Welt, Yasuo Hamanaka (48), von seinem Konzern entlassen. Zuvor hatten die Finanzkontrolleure des japanischen Handelsriesen Sumitomo, bei dem Hamanaka seit 1970 im Dienst war, versteckte Verluste aus dem Geschäft mit Kupferpapieren in Höhe von umgerechnet 2,74 Milliarden Mark entdeckt.
„Wenn Hamanaka sich bewegt, bewegen sich die Kupferpreise auf der ganzen Welt“, lautete bis gestern eine Binsenweisheit an der Londoner Metallbörse, über die 80 Prozent des weltweiten Kupferhandels abgewickelt wird. Zuletzt gingen die Kupferpreise ständig bergab. In Japan war Hamanaka maßgeblich dafür verantwortlich. Der Kupfermann von Sumitomo galt als „Mister fünf Prozent“, weil seine Abteilung mit Lieferungen von jährlich 500.000 Tonnen Kupfer annähernd 5 Prozent des weltweiten Geschäfts kontrollierte. Die Verluste handelte sich Hamanaka im risikoreichen Handel mit Kaufoptionen ein. Der Umfang des Future-Markts entspricht derzeit einem Volumen von 300 Millionen Tonnen Kupfer – etwa des 30fachen der tatsächlichen Kupfernachfrage von jährlich 10 Millionen Tonnen in der Welt.
„Ich wollte die Verluste aus dem normalen Geschäft wieder zurückgewinnen“, rechtfertigte Hamanaka seine womöglich illegalen Geschäfte. Zehn Jahre lang fiel niemandem etwas auf. Sumitomos Präsident Tomiichi Akiyama sprach von einer „überwältigenden Schande“, die sein Unternehmen aufgrund des persönlichen Fehlverhaltens eines einzelnen Angestellten erleide. Im laufenden Geschäftsjahr wird Sumitomo, das nach Gewinnen drittgrößte japanische Handelshaus, nun rote Zahlen schreiben müssen. Die befreundete Sumitomo Bank aus der gleichnamigen Unternehmensgruppe (Keiretsu) kündigte bereits Hilfsmaßnahmen an, nachdem der Handel mit den Aktien an den Börsen in Tokio und Osaka ausgesetzt wurde. Außerdem muß das Sumitomo-Handelshaus damit rechnen, vom Handel an den Metallbörsen in London und New York ausgeschlossen zu werden.
Der Fall Sumitomo setzt neue Maßstäbe. Erstmals muß ein angesehenes Handelshaus des Landes finanzielles Mißmanagement einräumen. „Vielleicht verhinderte Sumitomo das Schlimmste“, mutmaßte Japans Premier Hashimoto, „indem es eine Lektion aus den Daiwa-Verlusten des vergangenen Jahres zog.“ Kein Einzelfall also – die Minenarbeiter der Dritten Welt müssen auf weitere Überraschungen gefaßt sein.
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