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Fakt bleibt Fakt?

■ betr.: „In der Fluchtburg der Ob jektivität“, taz vom 6./7. 4. 96

„Fakt bleibt, daß Staritz von 1961 bis 1972 im Westen als Agent der Staatssicherheit tätig war.“ Außer der hingeworfenen Bemerkung, „daß er in den 80er Jahren vor allem seine westdeutschen Kollegen ausspioniert hatte“, wird uns Substantielles zu der Stasi- Spitzeltätigkeit von Mitter/Wolle mitgeteilt und mit der Frage, wann denn nun Staritz seine Spitzelei ausgeführt haben mag, in den 60ern oder in den 80ern, lassen sie den Leser allein. Fakt bleibt Fakt.

Trotz der herrschenden Ideologie gibt es aber Leute, die noch in den 60ern aus gutem Grunde die DDR tendenziell für das bessere Deutschland hielten und möglicherweise den einen oder anderen Stimmungsbericht ihren DDR- Partnern zugeliefert haben. Zu fragen wäre doch nur, haben sie anderen geschadet und, hier im Falle Staritz, warum haben sie 1971 aufgehört. Das fragen unsere Autoren nun aber nicht, weil sie es gar nicht im Sinn haben, denn es geht ja um die Frage: „Wer darf die DDR-Geschichte schreiben?“. Ja, wer.

Natürlich keiner der „aus politischer Überzeugung Freiheit und Demokratie an das SED-Regime verraten hat“. Dann schon eher einer, der es aus Geldgründen tat. Oder? Mitter/Wolle ignorieren die „politische Überzeugung“ Staritz', die sie ihm eben noch bestätigt haben. „Wer wollte jetzt noch so unhöflich sein, die Stiefellecker des SED-Staates an ihre Vergangenheit zu erinnern?“, schreiben Mitter/Wolle. Ja, wer wohl? Mitter/ Wolle natürlich. Also einer, der aus politischer Überzeugung eine Meinung hat und nach ihr handelt, ist ein „Speichellecker“. Well done.

Und flugs gehen unsere Autoren über zur Kritik des Buches, das der nicht berechtigte Staritz über die DDR-Geschichte geschrieben hat. Zwar „sprach ... seine wissenschaftliche Kompetenz in Sachen DDR (für Staritz), auf welchem Wege er sie auch immer erworben haben mag“. Ich nehme an, er hat sie geklaut. Aber immerhin klang es dem in dieser Sache wohl auch nicht ganz astreinen Historiker Wehler wie „Musik in den Ohren“, was der Staritz da geschrieben hatte, und das können Mitter/ Wolle nicht dulden, weil „der Beispiele für eine verzerrte Wahrnehmung der Tatsachen durch Staritz gibt es viele“ und vor allem bei den „einschneidenden Ereignissen der DDR-Geschichte wird die Voreingenommenheit am Augenfälligsten“. Falls sie in der Lage ist, die Voreingenommenheit von Mitter/ Wolle noch zu übertreffen. Tatsachen, die ihre Behauptungen stützten, haben sie jedenfalls nicht zu bieten. Klaus W. Kowol, Gummersbach

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