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Fahrtenschreiber der Boeing 767 geortet

Die Unklarheit über die Absturzursache der Maschine der Egypt Air liefert Anlass zu weiteren Spekulationen. Bis jetzt gibt es aber keine Hinweise auf einen Terroranschlag oder eine Explosion  ■   Aus Washington Peter Tautfest

Die Suche nach Überlebenden der Sonntagnacht vor Long Island ins Meer gestürzten Maschine der Egypt Air ist aufgegeben worden. Jetzt geht es darum, Tote und Wrackteile zu bergen. Dabei sind mit der letzten Technik ausgerüstete Suchboote der US-Küstenwache im Einsatz, die sich aber in einem Wettlauf mit einer herannahenden Schlechtwetterfront befinden. Bisher sind nur Kleidungs- und Gepäckstücke geborgen worden, an denen keine Brandspuren gefunden wurden, die auf eine Explosion hätten schließen lassen. Ein Kutter der Küstenwache hat immerhin das Signal des Flugschreibers aufgefangen, der alle Flugdaten und Gespräche im Cockpit festhält, von deren Auswertung sich Experten Aufschluss über Hergang und Ursache des Unglücks erhoffen. Das Flugzeug war nach Erreichen seiner Flughöhe plötzlich wie ein Stein vom Himmel gefallen, ohne dass es aus dem Cockpit Notrufe gegeben hatte.

Die Bergung des Fahrtenschreibers kann noch zwei Tage dauern. Jim Hall, der Chef der amerikanischen Transportsicherheitsbehörde NTSB, warnte davor, schnelle Aufschlüsse zu erwarten – auch deshalb, weil die Wrackteile in 80 Metern Tiefe liegen, doppelt so tief wie die der 1996 abgestürzten TWA-Maschine. Zur Ermittlung des Absturzes der TWA-Maschine war das Flugzeug in mühseliger und jahrelanger Kleinarbeit aus Wrackteilen wieder zusammengebaut worden. Konkurrierende Theorien über die Absturzursachen hatten immer wieder zu Kompetenzrangeleien und einem schweren Zerwürfnis zwischen dem FBI, das von Anfang von einem Verbrechen ausging, und den anderen an der Untersuchung beteiligten Behörden geführt, die einen Bomben- oder Raketenanschlag nicht bestätigen konnten.

Nachdem sich gestern die in den USA lebenden Angehörigen der Verunglückten in einem Hotel nahe dem John F. Kennedy Flughafen versammelt hatten – dem gleichen Hotel, das schon die Hinterbliebenen der Katastrophen von TWA (1996) und Swissair (1998) aufgenommen hatte –, sind jetzt aus Ägypten weitere Hinterbliebene sowie ägyptische Experten und Ermittler in New Port im Bundesstaat Rhodes Island eingetroffen, wo die geborgenen Toten identifiziert werden müssen. Noch gibt es über die Gründe des Absturzes nur Spekulationen. Die Vermutung, dass ein Mechanismus, der die Triebwerke während des Flugs unverhofft rückwärts laufen lässt, im Spiel gewesen sein könnte, erhielt gestern keine Bestätigung. Die Boeing der Egypt Air, die unmittelbar vor, nicht nach der Unglücksmaschine der Lauda Air vom Band lief, die vor 10 Jahren in Thailand in den Dschungel stürzte, hatte möglicherweise diesen Defekt. Boeing hatte Reparaturkits ausgegeben, und Egypt Air versicherte gestern, die Reparatur 1993 durchgeführt zu haben.

Boeing hat gestern mitgeteilt, dass die Firma die Auslieferung von 34 Maschinen aussetzt, um einen Dichtungsschutz am Cockpit überprüfen zu lassen. Der Dichtungsschutz habe einen Hitzetest der US-Luftfahrtbehörde nicht bestanden, hieß es zur Erklärung. Betroffen sind auch Maschinen des Typs 767 wie die der Egypt Air. Die Luftfahrtbehörde schloss aber einen Zusammenhang mit dem Absturz der ägyptischen Maschine aus.

Seit bekannt wurde, dass sich an Bord der Egypt-Air-Maschine eine hochrangige Militärdelegation mit zwei Generälen sowie 39 Angehörige der Egypt Air befanden, warf die Regierungszeitung El Gumhurija die Frage auf, ob das Flugzeug möglicherweise durch eine Boden-Luft-Rakete oder einen Laser-Strahl getroffen worden sei. Ähnliche Vermutungen hatten am Anfang der Ermittlungen über den Absturz der TWA 800 Maschine 1996 gestanden. Der Chefermittler des Bundeskriminalamtes FBI, Barry Mawn, sagte, dass es bislang keinerlei Hinweise auf kriminelle Handlungen gebe.

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