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Fahrradparkhaus mit Service

Der Freiburger Hauptbahnhof hat eine neue Attraktion: Eine umweltgerechte Mobilitätszentrale mit Allround-Service  ■   Aus Freiburg Bernward Janzing

Auch teure Fahrräder sind am Freiburger Hauptbahnhof künftig vor Diebstahl sicher. Am Montag startet die europaweit ambitionierteste Fahrradstation mit Mobilitätszentrale ihren Probebetrieb, bevor sie im September offiziell eingeweiht wird. Der Neubau unmittelbar neben den Bahngleisen (genannt: Mobilé), verfügt über 1.000 bewachte Radstellplätze und bietet vielfältige Dienstleistungen rund um die Mobilität an.

Elf Jahre lang haben die Freiburger Verkehrsinitiativen gemeinsam für diese Station gekämpft. Künftig werden in dem architektonisch ansprechenden Rondell alle Verbände untergebracht sein, denen umweltgerechte Mobilität am Herzen liegt: Der Verkehrsclub Deutschland VCD, der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ADFC, der Freiburger Car-Sharing-Verein FAG und der Fahrgastverband Pro Bahn. Sie haben das „Mobilé“ von der Stadt gemietet und betreiben es mittels einer GmbH auf eigenes wirtschaftliches Risiko.

Ferner wird ein Reisebüro in der Station vertreten sein, ein Anbieter von Regionaltourismus, ein Fahrradgeschäft mit Werkstatt, sowie ein Café. Kunden können aber auch Fahrkarten kaufen und sich über Aspekte umweltverträglicher Mobilität beraten lassen.

Die Idee der Fahrradstationen kommt aus den Niederlanden; dort gibt es bereits an jedem vierten Bahnhof eine Station. Sie bieten zumeist einige hundert, oft sogar mehrere tausend überdachte und sichere Abstellplätze. Landesweit haben die niederländischen Radfahrer mehr als 100.000 bewachte Stellplätze zur Verfügung. Aber Deutschland holt auf. Am weitesten ist Nordrhein-Westfalen, wo die Landesregierung mehr als 100 Stationen errichten will.

Das Freiburger Modell gibt der Sache einen neuen Dreh. Die Perspektiven sind günstig: Die Station liegt unmittelbar neben dem Hauptbahnhof, auf der angrenzenden Fahrradbrücke verkehren täglich mehr als 8500 Radfahrer. Von der Straßenbahnhaltestelle Hauptbahnhof aus führt ein direkter Zugang auf die Beratungsebene, die sich über den Fahrradstellplätzen befindet.

Die Öffnungszeiten der Fahrradstation werden vorbildlich sein: Von 5 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts – vom ersten bis zum letzten Nahverkehrszug. Einziger Schönheitsfehler des Projektes: Die Deutsche Bahn und der Verkehrsverbund sind bislang nicht mit eigenen Angeboten darin präsent. Die einzige Unterstützung der Bahn liegt darin, dass sie als Eigentümerin des Geländes dieses für 50 Jahre mietfrei zur Verfügung stellt.

Innovativ ist auch das angebotene Car-Pooling, das Berufspendler auf Strecken abseits der Bahn- und Buslinien zur gemeinsamen Nutzung des Autos zusammenbringen soll. Der VCD hofft damit, auch Informationen über fehlende Verbindungen zu erhalten: „Wenn sich auf einer Strecke der Bedarf an Mitfahrgelegenheiten häuft, wissen wir, dass dort Busse oder Bahnen fehlen“, sagt Berthold Noeske vom VCD.

20 bis 30 Arbeitsplätze werden in der Station geschaffen, vorwiegend für Sozialhilfeempfänger, die dort Zusatzqualifikationen erwerben können (zum Beispiel in der Fahrradwerkstatt). Finanziert wurde die 3,6 Millionen Mark teure Station zu jeweils etwa gleichen Teilen vom Land, einer städtischen Baugesellschaft sowie aus Ablösebeträgen für Autostellplätze. Letztere dürfen seit der Novellierung der Bauordnung vor einigen Jahren in Baden-Württemberg auch für Fahrradstellplätze verwendet werden. Im laufenden Betrieb soll die Station kostendekkend arbeiten. Eine Jahreskarte für einen bewachten Stellplatz wird 150 Mark kosten, eine Monatskarte 15 Mark, eine Tageskarte 1,50 Mark.

Welche Sympathie das Mobilitätszentrum schon vor seiner Eröffnung bei den Freiburgern genoss, zeigte sich Anfang des Jahres, als bei einem Namenswettbewerb beachtliche 1.206 Vorschläge eingingen. Unter Ideen, wie „Velo-Drom“ und „Regio-Rondell“ wählte die Jury schließlich „Mobilé“ aus – und hofft nun, damit einen Namen zu prägen, der künftig bundesweit einheitlich für Mobilitätszentralen stehen wird.

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