piwik no script img

Fahrradindustrie mit guten ErgebnissenBeliebter und teurer

Die Fahrradindustrie verzeichnet Zuwächse. Verkaufsschlager im letzten Jahr waren vor allem E-Bikes. Die Helmpflicht wird weiterhin abgelehnt.

Für die Fahrradindustrie geht's nach oben. Bild: dapd

BERLIN taz | Der deutschen Fahrradbranche geht es besser denn je. Wie der Zweirad-Industrie-Verband am Mittwoch mitteilte, ist der Umsatz der Fahrradbranche im vergangenen Jahr mit etwa 4 bis 5 Milliarden Euro um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Der Fahrradhandel konnte 2011 mit einen Umsatzplus von ebenfalls 8 bis 10 Prozent den rückläufigen Trend des Vorjahres stoppen. Besonders die Verkäufe von E-Bikes kurbelten den Markt an.

Insgesamt wurden 4 Millionen Fahrräder im deutschen Handel verkauft, darunter 310.000 E-Bikes. Am besten verkauften sich nach wie vor City- und Trekkingräder. „Der Trend geht immer stärker in Richtung Umweltbewusstsein. Davon profitieren wir“, freut sich Siegfried Neuberger vom Zweirad-Industrie-Verband über den starken Zuwachs der Branche. So habe sich der Stellenwert des Fahrrads besonders im Alltag zum Positiven verändert.

Zudem haben die günstige Witterung in der ersten Hälfte des Jahres und das gestiegene Qualitätsbewusstsein der Verbraucher den Fahrradmarkt beflügelt. In den deutschen Haushalten stieg die Anzahl der Fahrräder im vergangenen Jahr um 1 Million Stück auf 70 Millionen; 30 Millionen davon werden regelmäßig genutzt.

Umsatzanstieg durch E-Bikes

Doch Fahrräder werden nicht nur beliebter, sondern auch teurer. Mit durchschnittlichen 495 Euro haben die Stückpreise 2011 um 7,6 Prozent zugelegt. Größter Preistreiber ist auch hier das E-Bike, das ab 1.600 Euro im Handel zu haben ist. Der Marktanteil der E-Bikes liege bereits bei 8 Prozent, sagt Neuberger vom ZIV. In Deutschland seien bereits 900.000 Stück unterwegs.

Besonders Pedelecs, deren Motor den Radler bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 25 bis 45 Kilometern pro Stunde unterstützt, seien für Pendler interessant. Denn sie eigneten sich auch zur Überwindung weiterer Strecken. Bis zum Jahr 2020 will der ZIV rund 1 Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen bringen.

Einer Helmpflicht für die motorisierten Drahtesel sieht die Branche misstrauisch entgegen. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass dann weniger Rad gefahren wird“, so Stephan Schreyer vom Zweiradverband. Durch weniger Radfahrer auf der Straße sinke auch die Aufmerksamkeit der Autofahrer. Dies erhöhe das Unfallrisiko.

Die möglichen Umsatzeinbrüche der Industrie seien nur zweitrangig für das vehemente Eintreten gegen die Helmpflicht. Das Bundesverkehrsministerium diskutiert derzeit eine Helmpflicht für Pedelecs ab 25 Kilometer pro Stunde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • M
    MAD

    @ Felix:

     

    "Heute befindet sich ein Plastiknippel an der Befestigungsstelle. Den kann man zwei, drei mal mit einer Zange wieder zusammendrücken, muss dann aber komplett neue Schutzblechhalterungen kaufen!

    Das ist eine geplante Sollbruchstelle! Unverschämt!"

     

    Ja, das ist tatsächlich eine geplante Sollbruchstelle, dient aber nicht der Abzocke sondern soll ein Blockieren des Vorderrades verhindern.

     

    Gruß MAD

  • F
    Felix

    Was ich bemängle ist die seit Jahren dramatisch abnehmende Qualität von Fahrrädern und auch der Bauteile. Zum Beispiel Schutzblechhalter vorne. Früher waren die massiv aus Metall gefertigt. Wenn mal ein Ast hängengeblieben ist, konnte man die wieder geradebiegen. Heute befindet sich ein Plastiknippel an der Befestigungsstelle. Den kann man zwei, drei mal mit einer Zange wieder zusammendrücken, muss dann aber komplett neue Schutzblechhalterungen kaufen!

    Das ist eine geplante Sollbruchstelle! Unverschämt!

     

    Derartige Sollbruchstellen findet man heute an immer mehr Fahrradteilen. Dadurch soll der Konsument immer früher zum Neukauf gezwungen werden.

     

    Das Fahrrad meines Großvaters hielt zwei Weltkriege durch (damals haben die alles darauf transportiert, Kartoffelsäcke, Marktwaren, und vier Personen: 2 Erwachsene und 2 Kinder! Und es fährt noch heute.

     

    Bis 2003 gab es in unserer Gemeinde noch eine Fahrradwerkstatt, die es reparierte. Der Inhaber verstarb damals leider.

    Ersatzteile finde ich glücklicherweise immer noch auf Flohmärkten und kaufe gleich auf Vorrat. Dieses Fahrrad wird auch in 100 Jahren noch fahren.

     

    Mein teures Treckingfahrrad aus dem Jahr 1996 dagegen will kein Händler mehr reparieren. Es heißt "eine Reparatur" lohne sich angeblich nicht, aber sie hätten einige neue Modelle im Angebot ...

    Die Händleraussage "eine Reparatur lohnt sich nicht" ist dabei schlichtweg gelogen. Wenn man im Internet recherchiert findet man genügend Onlineshops für Einzelteile.

     

    Bei neuen Fahrrädern werden die Komponenten von Shimano und Konsorten direkt für die Mülltonne hergestellt. Kleine Nippel am Umwerfer, die nach einigen Monaten zwangsläufig abbrechen und einen Neukauf der gesamten Komponente erzwingen.

     

    Selbst bei teuren Reisefahrrädern in der Preisklasse um die 2000 Euro findet man an versteckten Stellen Billigteile, z.B. das Tretlager.

     

    Alurahmen sind an sich schon eine gefährliche Sollbruchstelle. Die Lebensdauer beträgt maximal 15 bis 20 Jahre, danach ist mit gefährlichen Rahmenbrüchen zu rechnen. Gute muffengelötete Stahlrahmen gibt es heute praktisch nur noch von den wenigen verbliebenen Handwerkstätten.

     

    Bein Fazit ist: Wer irgendwo noch ein altes Fahrrad hat ist gut bedient. Wer eines der alten schweizer Armeefahrräder ergattern kann wird ein Fahrrad bekommen, das Generationen überdauert.

     

    Lasst Euch nicht von der Industrie zulabern, ein muffengelöteter Stahlrahmen ist immer noch das Beste und Haltbarste, das es gibt.

     

    Macht einen großen Bogen um die Fahrraddiscounter. Haltet Ausschau nach kleinen Händlern, Projekthäusern oder gemeinnützigen Projekten. Die reparieren Fahrräder auch.