: Fahndung nach Mielkes Ex-Anwalt
Berlin (dpa) — Der frühere Verteidiger des ehemaligen Stasi-Chefs Erich Mielke, Jürgen Wetzenstein- Ollenschläger, ist zur Fahndung ausgeschrieben. Wie die Berliner Justizpressestelle am Montag nachmittag mitteilte, wurde gegen den Anwalt ein Haftbefehl wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Untreue erlassen.
Bereits am Freitag seien Wetzenstein-Ollenschlägers Wohnräume in Ost-Berlin auf Veranlassung der Arbeitsgruppe Regierungskriminalität durchsucht worden. Wetzenstein sei aber nicht angetroffen worden. Sein Aufenthalt sei unbekannt. Wetzenstein hatte am vergangenen Dienstag unter dem wachsenden Druck öffentlicher Kritik und der zunehmenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn sein Mandat im Mordprozeß gegen Mielke niedergelegt.
Gegen den 50jährigen Wetzenstein bestehe der „dringende Verdacht“, daß er im vergangenen Sommer insgesamt 17 Millionen Mark von einem Bankkonto der zu Schalck-Golodkowskis KoKo-Imperium gehörenden Firma Forgber abhob und dieses Geld auf ein privates Sparbuch bei einer österreichischen Bank einzahlte.
Wie es weiter hieß, stehen Verantwortliche der Firma Forgber im Verdacht, Geldbeträge in Millionenhöhe veruntreut zu haben. In diesem Zusammenhang hätten bereits Mitte Januar umfangreiche Durchsuchungen stattgefunden.
Gegen Wetzenstein laufen bei der Berliner Staatsanwaltschaft wegen seiner früheren Tätigkeit als DDR- Richter 26 Ermittlungsverfahren. Wetzenstein war zu DDR-Zeiten Direktor des Stadtbezirksgerichts in Berlin-Lichtenberg, das unter anderem für die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit zuständig war. Zum Auftakt des Mielke-Prozesses war der Anwalt vor drei Wochen von einer 30jährigen Frau angegriffen worden, die er nach einer Protestdemonstration im November 1977 wegen „Rowdytums“ zu einer Haftstrafe verurteilt hatte.
Mitte Februar war in Wetzensteins Einfamilienhaus in Bezirk Hellersdorf eingebrochen worden. Damals verschwanden unter anderem Verteidigerakten, die nach Angaben des Anwalts aber von untergeordneter Bedeutung waren.
Nach Angaben von Justizsprecherin Jutta Burghart ist der Aufenthaltsort des Anwalts der Justiz noch unbekannt. Die jüngsten Vorwürfe gegen Wetzenstein stammten aus „umfassendem Beweismaterial“, das bei den Durchsuchungen am 15. Januar bei Firmen des ehemaligen KoKo- Imperiums sichergestellt worden sei.
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