: Fäustelnde Lotteriebude
■ Boxring Brandenburg gewinnt die Meisterschaft per Losentscheid gegen den favorisierten TSC aus Berlin
Frankfurt/O. Es hätte das Drehbuch eines Hitchcock-Thrillers sein können: In einer begeisternden Aufholjagd machten die Faustkämpfer vom Boxring Brandenburg im zweiten Finalkampf um die 22. Deutsche Mannschaftsmeisterschaft gegen den TSC Boxring Berlin Punkt für Punkt wett. Vor dem abschließenden Schwergewichts-Fight glaubten nur die kühnsten Optimisten, die Gastgeber würden dieses Duell für sich entscheiden, um nach der 13:17-Niederlage im Hinkampf wenigstens gleichziehen zu können. Doch Brandenburgs Jozef Wlodarzyk bezwang Zeljko Mavrović, womit es in der Gesamtrechnung 30:30 stand.
Nun mußte das Los entscheiden. Viermal griff der Liga-Obmann des Deutschen Amateur-Box-Verbandes (DABV), Hans-Werner Stryak, vergebens in die Losschachtel, bis er schließlich mit dem Halbweltergewicht jenes Limit zog, in dem die Brandenburger sowohl den Hin- als auch Rückkampf gewonnen hatten. Was dem Losentscheid folgte, glich einer Karnevalsparty. Rund 1.200 Fans machten aus der Oderlandhalle ein Tollhaus. Champagner floß in Strömen, es wurde gesungen, getanzt, aber auch geweint. Zurückgezogen vom Trubel hockten die Berliner niedergeschmettert in den Kabinen. Mittelgewichts-Europameister Sven Ottke wetterte über die unfähigen Ringrichter, die den Kampf verschaukelt hätten.
„Das eine oder andere konnte man sicher anders sehen, doch wenn ein Weltklassemann wie Mavrović nicht in der Lage ist, einen Anti-Boxer wie Wlodarzyk auszupunkten, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn der Erfolg ausbleibt“, meinte Box-Profi Henry Maske, der mit seinem Coach Manfred Wolke das Geschehen im Ring beobachtete. Beeindruckt war der 28jährige Halbschwergewichtler vom Publikum. „Das habe ich hier noch nicht erlebt. Die Zuschauer waren der sechste Punktrichter“, flachste er. „Hoffentlich unterstützen sie mich auch bei meinem WM-Kampf am 27. Juni in Berlin so leidenschaftlich, denn das wäre die halbe Miete.“
Dramatischer ging's nimmer, stimmte das Brandenburger Trainer- Duo Karl-Heinz Krüger und Dietmar Schnieber überein. „Erst die Nervenschlacht im Halbfinale, als wir Schwerin mit dem gleichen Punkt- Ergebnis und auch mittels Los eliminieren konnten, und nun dieses Herzinfarkt-Finale“, sagte Krüger. Im Vorjahr als Vorletzter knapp dem Abstieg entgangen, nun dieser Höhenflug mit der gleichen Besetzung. dpa
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