Fähren in Nordfriesland: Konkurrenz im Wattenmeer
Zwei Unternehmer wollen eine neue Fährlinie nach Föhr und Amrum aufbauen. Sie soll zuverlässiger und umweltfreundlicher sein als die bisherige Verbindung.
HAMBURG taz | Die Wyker Dampfschiff-Reederei (WDR) soll nach 130 Jahren Konkurrenz bekommen. Zwei Unternehmer wollen eine weitere Fährlinie zu den nordfriesischen Inseln Föhr und Amrum und den benachbarten Halligen anbieten. Dirk Lehmann vom Hamburger Schifffahrtszulieferer Becker Marine Systems und Henning Kuhlman von der Schramm Group in Brunsbüttel vermuten, dass ein besseres Angebot zusätzliche Kunden gewinnen könnte. Um sich gegen die WDR abzusetzen, werben sie mit der Umweltfreundlichkeit ihrer Schiffe: Sie sollen kaum Lärm und Abgase verursachen.
Amrum, Föhr sowie die Halligen Hooge und Langeneß liegen südlich von Sylt im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Mit ihren fünf Schiffen und 170 Mitarbeitern betreibt die WDR zwei Fährlinien und stellt sicher, dass die Inseln das ganze Jahr über erreicht werden können.
Hier könnte noch Platz für einen zweiten Anbieter sein, dachten sich Lehmann und Kuhlman. Beide haben Ferienhäuser auf Föhr und verstehen sich als „gut vernetzt“ auf den Inseln.
Die Unternehmer versprechen einen günstigeren und zuverlässigeren Fährverkehr, als ihn die WDR bietet. Heute geschehe es immer wieder, dass jemand buche und doch nicht mitkomme, sagt Lehmann: „Wir sehen Wachstumsmöglichkeiten.“ Ein neues Angebot könne zusätzliche Kunden bringen.
„Das wäre dann ein knallharter Wettbewerb“, warnt WDR-Geschäftsführer Axel Meynköhn. Ein zusätzliches Angebot sei kontraproduktiv, denn seine Reederei fahre ja nicht nur in der Hochsaison, wenn die Fähren voll sind mit Touristen, und bediene außerdem die Halligen. Im Jahresmittel hätten die Schiffe auf den Fahrzeugdecks eine Überkapazität von 60 Prozent, auf den Passagierdecks von 90 Prozent.
Die Wyker Dampfschiff-Reederei gehört zu 34,99 Prozent der Norden-Frisia Beteiligungsgesellschaft, die Stadt Wyk auf Föhr hält einen Anteil von 31,52 Prozent. Die restlichen Kapitalanteile gehören rund 500 weiteren Gesellschaftern, davon vielen Familien und Einzelpersonen auf Föhr und Amrum.
Die neuesten Schiffe der Wyker Dampfschiff-Reederei sind aus den Jahren 2010 und 2011. Alle fahren mit LKW-Diesel, der viel umweltfreundlicher ist als der übliche Schiffstreibstoff.
Die neu gegründeten Wattenfährlinien wollen mit einem kombinierten Gas und Elektromotor fahren. Der Gasmotor erzeugt nebenbei den Strom für den Elektromotor. Die Energie wird durch Flüssiggas (LNG) bereit gestellt. Überschüssigen Strom speichert ein großer Akku.
Im Verkehr mit den Halligen machte die WDR 2011 rund eine halbe Million Euro Verluste. Insgesamt hat sich ihr Geschäft jedoch gerechnet. 2011 hat die WDR eine Eigenkapitalrendite von 15 Prozent erwirtschaftet, im Jahr davor waren es zehn Prozent.
Lokalpolitiker auf der Insel wie der SPD-Fraktionschef der Stadt Wyk auf Föhr, Peter Schaper, und die Vorsteherin des Amtes Föhr-Amrum, Heidi Braun (Wählergemeinschaft), befürchten, dass sich der neue Anbieter die Rosinen aus dem Geschäft picken könnte. „Was passiert mit der defizitären Linie?“, fragt Braun.
Braun und Schaper gehen davon aus, dass sich einige Geschäftsleute über einen zusätzlichen Anbieter freuen würden. Das Amt könne einen neuen Anbieter ohnehin nicht verhindern. „Es herrscht freier Wettbewerb“, sagt Schaper. „Man kann sich dem nicht verweigern.“
Die Häfen und Landungsbrücken gehören mit Ausnahme der Landungsbrücken in Wyk den Kommunen. Nach Auskunft des Verkehrsministeriums in Kiel schreibt die EU vor, dass in öffentliche Häfen jeder anlegen darf. Im Falle der privat finanzierten Landungsbrücken von Wyk müssten die Watten-Fährlinien jedoch bei der WDR die Erlaubnis einholen, dort anlegen zu dürfen. Einigen sich die Firmen nicht, müssten die Newcomer eine eigene Landungsbrücke bauen, was wahrscheinlich Infrastrukturinvestitionen der Kommunen wie eine Straße nach sich ziehen würde.
Die bereits gegründeten „Watten-Fährlinien“ von Becker Marine Systems und der Brunsbütteler Schramm Group versichern, sie wollten einen ganzjährigen Verkehr anbieten. Auch an der Versorgung der Halligen wollen sie sich beteiligen. Das scheint auch angeraten: Sollte der Wettbewerb am Ende dazu führen, dass die Halligen nicht mehr angelaufen werden, hätte der Landkreis die Möglichkeit einzugreifen. Er könnte den Fährverkehr dann per Genehmigung vergeben, teilte das Verkehrsministerium in Kiel mit.
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