piwik no script img

FÜR REFORMEN VERLETZT DJINDJIĆ DEMOKRATISCHE SPIELREGELNRichtiges Ziel, falsche Mittel

Vorantreiben will Premier Zoran Djindjić die wirtschaftlichen und politischen Reformen im Lande. Den Weg nach Europa will er für Serbien ebnen, die Türen weit für ausländische Investoren öffnen. Und da das sozial ruinierte Serbien keine Zeit zu vergeuden habe und dieses Ziel alle Mittel rechtfertigt, scheut es Djindjić nicht, ab und zu nach den unter Slobodan Milošević’ Herrschaft eingebürgerten Machtmethoden zu greifen und dabei den Rechtsstaat zu ignorieren und das parlamentarische System zu umgehen.

In der Praxis sieht das so aus: Bundespräsident Vojislav Koštunica stört zwar durch sein ewiges Meckern, seine Kritik an der serbischen Regierung und seine nationalistisch gefärbten Auftritte – dem kann man aber nichts anhaben. Die 45 Abgeordneten seiner Demokratischen Partei Serbiens (DSS) stören noch mehr, weil sie die Arbeit des Parlaments blockieren und die knappe Mehrheit der Djindjić-Anhänger ständig gefährden – also entfernt man sie schlicht und einfach aus dem Parlament.

Diese Entscheidung hat unter Djindjić’ Federführung – und zwar entgegen dem Beschluss des jugoslawischen Bundesverfassungsgerichts – das Präsidium der in Serbien regierenden Koalition DOS getroffen. Und damit alles einen halbwegs legalen Charakter bekommt, wurde die DSS zuerst aus dem Bündnis ausgeschlossen. Das DOS-Präsidium behauptet, es würde über die Mandate der Mitgliedsparteien verfügen – die DSS streitet das natürlich ab. Nun können sich Rechtsexperten ewig lang über die legalen Aspekte dieser Aktion streiten. Tatsache ist, dass Djindjić nun eine bequeme Mehrheit im serbischen Parlament hat und die Reformen ohne diese Störenfriede aus der DSS vorantreiben kann.

Die national gesinnte Bruderschaft von der DSS entspricht nicht gerade europäischen Vorstellungen – doch die Bürger haben sie gewählt, und nun haben sie keine Vertreter mehr im Parlament. Was für eine Zukunft hat Serbien, wenn selbst ein demokratisches Regime seine Gegner mit repressiven Mitteln beseitigt? ANDREJ IVANJI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen