FUSSBALL-WM: Hauptsache: feiern
Trotz der Viertelfinalniederlage der deutschen Kickerinnen ist die Stimmung beim Public Viewing ausgelassen. Die Spiele sollen auch weiterhin gezeigt werden.
Pünktlich zum Spielbeginn ist das Lido prall gefühlt. Die Stimmung unter den rund 500 BesucherInnen ist ausgelassen. An der Bar der Kreuzberger Konzerthalle drängen sich die teils schwarz-rot-gold geschminkten ZuschauerInnen, um sich auf den Anpfiff der Viertelfinalbegegnung zwischen Deutschland und Japan vorzubereiten. Den Verlauf des Spiels begleitet das junge Publikum aufgeregt: Euphorischer Jubel bricht aus, sobald die Deutschen auch nur in die Nähe des japanischen Tors kommen. Man ist in Party- und Feierlaune - dass die Deutschen am Ende nicht gewinnen, ist für die meisten zweitrangig.
Deshalb will das Lido auch nach dem Ausscheiden der deutschen Kickerinnen die weiteren Spiele der WM zeigen. "Bisher ist es immer voll gewesen, und so wird es auch weiter bleiben", ist sich der Türsteher vor dem Gebäude an der Schlesischen Straße sicher.
In kleinerer Runde wird auch im Cassiopeia-Sommergarten Fußball geguckt. Auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes (RAW) in Friedrichshain bietet der Biergarten Platz für ungefähr 50 Personen. Die Sitzplätze sind gut gefüllt, aber der Geräuschpegel steigt nur bei echten Torchancen. Ansonsten unterhalten sich die jungen Fußballfans entspannt untereinander.
Fast das Niveau von 2006
Neben der Übertragung der Spiele veranstaltet die Organisation Frauen am Ball e. V. im Cassiopeia auch ein bildungspolitisches Rahmenprogramm. Bisher ging es in den Veranstaltungen um frauenpolitische Themen. Zwei weitere Veranstaltungen mit internationalen Gästen werden am kommenden Wochenende folgen. "Es ist toll, dass hier nicht nur alle Spiele der WM gezeigt werden, sondern auch die Bedeutung dieses Ereignisses für die Politik unterstrichen wird", sagt Sabine, die das Spiel gespannt vom Rand des Biergartens verfolgt. Als in der 108. Spielminute das entscheidende Tor durch die Japanerin Karina Maruyama fällt, wird es still auf den Bierbänken. Trotzdem, versichert Sabine, werde sie sich die Stimmung für den weiteren Abend nicht vermiesen lassen.
Die Atmosphäre während der Frauen-WM wird auch den meisten BetreiberInnen von Public-Viewing-Orten in guter Erinnerung bleiben: "Wir erreichen fast das Niveau der Weltmeisterschaft der Männer 2006", sagt Andreas Stürken, Betreiber der FC Magnet Bar. Obwohl die Spiele ohne deutsche Beteiligung bisher mäßig besucht gewesen sind, halten viele Kneipen und Bars an den Übertragungen auch nach dem Ausscheiden des deutschen Teams fest. Dabei haben noch in der Vorrunde nur wenige Gastronomiebetriebe Public Viewing angeboten.
Doch nun zum Viertelfinale schließen sich viele Kneipiers dem Trend an. Anders die Bar Marianne in Kreuzberg: Hier wurden seit Beginn der WM alle Abendbegegnungen übertragen. "Wir haben schon 2010 die Spiele gezeigt. Wir machen das, weil wir Frauenfußball mögen", sagt Gabi, Barkeeperin in der Mariannenbar. Daran werde sich auch nach dem deutschen Ausscheiden nichts ändern.
Bleibt das WM-Fieber?
Das WM-Fieber hat Berlin also, wenn auch zögerlich, am Wochenende doch erreicht. Ob es für die letzten Begegnungen des Turniers erhalten bleibt, ist abzuwarten. Ein Teil des Zuspruchs hängt sicherlich von den BetreiberInnen der Übertragungsorte ab: "So richtig Interesse habe ich erst bekommen, als ich gesehen habe, dass die Spiele überall, sogar in Spätis übertragen werden", sagt Lido-Besucher Thomas.
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