FRIEDENSGESPRÄCHE FÜR DEN KONGO GESCHEITERT: Grünes Licht für den Genozid
Friedensgespräche für die Demokratische Republik Kongo gescheitert – diese Nachricht ist inzwischen so häufig geworden, dass sie in der Weltöffentlichkeit kein Interesse mehr erweckt. Doch das gestrige Scheitern der jüngsten Kongo-Verhandlungsrunde in Sambias Hauptstadt Lusaka müsste eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen lassen. Denn nun droht der komplette Zusammenbruch der UN-Versuche, sich aktiv zur Konfliktlösung im Kongo zu engagieren. So rudimentär diese Versuche auch waren, vermittelten sie doch der kongolesischen Bevölkerung zumindest den Eindruck, zu einer Weltgemeinschaft zu gehören.
Wenn aber nach dem Scheitern des Lusaka-Gipfels der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nächste Woche über die Fortsetzung seiner Beobachtermission im Kongo berät, werden den Befürwortern einer internationalen Präsenz in dem kriegsgeschüttelten Land die Argumente knapp. Wozu, so wird man ihnen entgegnen, soll man versuchen, einen Krieg beenden zu helfen, dessen Protagonisten so offensichtlich gar kein Interesse an einem Ende der Kämpfe zeigen? Die nahe liegende Antwort – um der Opfer willen und für das Überleben der machtlosen Zivilbevölkerung des Kongo – würde konsequenterweise einen derart massiven Einsatz militärischer Machtmittel bedeuten, dass keine Militärmacht der Welt dies ernsthaft in Erwägung ziehen könnte.
Ein UN-Rückzug aus dem Kongo wäre jedoch katastrophal. Nicht nur weil dieser Krieg, der schon halb Afrika in seinen Strudel gezogen hat, weiter eskalieren könnte. Sondern auch weil damit die gesamte Krisenregion im Afrika der Großen Seen abgeschrieben wird. Sechs Jahre nach dem Völkermord in Ruanda mit seinen 800.000 Toten wäre dies grünes Licht für den nächsten Genozid.
Während der Kongo-Friedensprozess vor sich hin kriselt, sind auch im kleinen Burundi die Friedensverhandlungen zwischen Hutu und Tutsi ins Stocken geraten. Selbst die Aura des internationalen Vermittlers Nelson Mandela konnte das nicht verhindern. Und in Ruanda bleibt die Frage unbeantwortet, wie der Völkermord von 1994 zugleich geahndet und überwunden werden kann, was wiederum den Konflikt im Kongo schürt. All diese Problemfelder greifen ineinander, und ein Misserfolg an einer Stelle gebiert Krisen in den anderen. Die Spirale der Gewalt dreht sich bereits.
Das Wegschauen der Welt dürfe sich nicht wiederholen, hieß es unisono nach dem ruandischen Völkermord. Falsch: Es wiederholt sich. Wie schon beim letzten Mal wird man das erst merken, wenn es zu spät ist. DOMINIC JOHNSON
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