: FORMBRIEFE
■ Auf den Petitionsausschuß ist geschissen!
Das Gefangenenbeschwerderecht ist katastrophal - weil vom Knastdirektor bis zum Bundesverfassungsgericht liegt die Rechtsentscheidung allein in den Händen von Justiz und Juristen.
Die einzige neutrale Beschwerdeinstanz für den Gefangenen ist der Petitionsausschuß. Welche Erfahrungen andere Gefangene gemacht haben, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich meinerseits meine, auf den Petitionsausschuß ist was geschissen. Warum?
Ich war in Untersuchungshaft, ich war mit meinem Pflichtverteidiger nicht zufrieden, ich wollte einen anderen. Daß mein Pflichtverteidiger das ähnlich sieht, geht aus dem folgenden Zitat eines Briefes hervor, den er an den Vorsitzenden Richter schrieb: „Das Vertrauen ist wesentliche Voraussetzung für die Verteidigung. Ich bitte daher, meine Verteidigerbestellung aufzuheben.“
Der Vorsitzende Richter weigerte sich bis zum Ende, mir einen anderen Verteidiger zu bestellen, obwohl der Verteidiger als auch ich dem Gericht geschrieben hatten, daß kein Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant mehr bestünde. Auch das Oberlandesgericht weigerte sich.
Daraufhin schrieb ich eine Eilpetition mit Fotokopien sämtlicher Unterlagen an den Petitionsausschuß am 23.1.1989 und bat, mir behilflich zu sein. Am 31.1.1989 teilt mir der Ausschuß mit: „Über die Erledigung der Petition werden Sie vom Vorsitzenden des Petitionsausschusses unterrichtet.“ Bis zur Gerichtsverhandlung am 11.12.1989 habe ich vom Ausschuß immer noch keine Antwort.
Am 29.7.1990 frage ich beim Petitionsausschuß an, warum man mich mit meiner Eingabe im Stich gelassen habe und mir nicht geantwortet habe. In einem Schreiben vom 2.8.1990 teilt mit der Petitionsausschuß folgendes mit: „Der Petitionsausschuß wird sich so bald wie möglich mit Ihrem Anliegen befassen und der Vollversammlung des Landtages einen Beschlußantrag zur Entscheidung vorlegen. Von der Landtagsentscheidung wird Sie der Vorsitzende des Petitionsausschusses unterrichten. Sie werden solange um Geduld gebeten.“
Da warte ich nun auf Antwort auf eine Eilpetition 19 Monate, die inzwischen schon längst gegenstandslos ist und der Petitionsausschuß vertröstet mich mit weiterer Geduld.
P.G., JVA Kehl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen