FLUGLÄRM: Berlin eifert Brandenburg nach
Mehrere Bürgerinitiativen wagen nach dem erfolgreichen Volksbegehren gegen Nachtflüge in Brandenburg einen neuen Anlauf in Berlin. Doch die Landesverfassung erschwert diesen Plan.
Fluglärmgegner in Berlin wollen mit einem zweiten Volksbegehren für ein striktes Nachtflugverbot in der Region kämpfen. „Ganz Berlin soll sich dieses Mal hinter das Anliegen stellen“, sagte der Sprecher der Friedrichshagener Bürgerinitiative, Joachim Quast, der taz. Diverse Bürgerinitiativen würden nun gemeinsam überlegen, wie eine solche Initiative Erfolg haben könne.
In Berlin war das „Volksbegehren über die Durchsetzung eines Nachtflugverbots am Flughafen BER“ 2012 gescheitert: Nur 139.000 gültige Unterschriften konnte die Initiative vorlegen, nötig gewesen wären 173.000.
Für einen neuen Anlauf müssten die Initiatoren auch ein inhaltlich neues Begehren vorlegen. Denn die Landesverfassung schreibt vor, dass Volksbegehren „innerhalb einer Wahlperiode zu einem Thema nur einmal zulässig“ sind. Dies könnte gelingen, indem man dem Flughafen nicht Nachtflüge, sondern die Überschreitung eines bestimmten Lärmkontingents zu untersagen versucht.
Das Begehren 2012 hatte nur in Treptow-Köpenick und Steglitz-Zehlendorf nennenswerte Unterstützung gefunden – dort, wo potenziell vom BER- Fluglärm Betroffene wohnen. Deshalb wollen die Fluglärmgegner nun ihren Aktionsradius ausweiten: „Wir müssen die Menschen im Norden, die noch jahrelang unter Tegel leiden werden, ins Boot holen“, sagte Quast. In Tegel wird der Flugbetrieb bis zur BER-Eröffnung weitergehen. Das kann dauern: Im Sommer werde die Bestandsaufnahme der Planungsfehler am BER abgeschlossen sein, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Wochenende. Erst dann könnten die Bauarbeiten zur Beseitigung der Mängel beginnen.
Dann dürfte auch Klarheit herrschen, welche Folgen das erfolgreiche Nachtflug-Volksbegehren in Brandenburg hat. Rot-Rot in Potsdam hatte entschieden, dieses anzunehmen. Nächste Woche will Platzeck mit Berlin und dem Bund verhandeln. Maxime des Volksbegehrens ist dabei ein Flugverbot am BER zwischen 22 und 6 Uhr. Bisher ist die Nachtruhe auf 0 bis 5 Uhr beschränkt.
In Berlin laufen SPD, CDU und Wirtschaft Sturm gegen Platzecks Unterstützung des Votums von mehr als 106.000 Bürgern. Brandenburg werde sich damit „eine blutige Nase holen“, sagte Berlins CDU-Chef Frank Henkel.
Leser*innenkommentare
Heike
Gast
Es wird seit Jahren über "ungelegte Eier" diskutiert, gestritten und mehr - den Flughafen BER.
Derweil konzentriert sich alles auf Tegel, der Flughafen wird ausgebaut, während Niemand weiß, wann Schönefeld jemals fertig wird.
Nur - hier wurde Niemand im Vorfeld in die Diskussionen einbezogen, die Flugzeuge dröhnen Tag und Nacht im Minutentakt über den Westen von Berlin. Hier wurden Tatsachen zum Leid der Bevölkerung geschaffen. Schönefeld ist ferne Zukunft - Tegel ist hier und heute zum Horror für die Menschen im Norden und Westen von Berlin geworden.
Tim Leuther
Gast
Die Nachtfluggegner haben es nicht hinbekommen 7 lächerliche % an unterschriften zusammenzukratzen. Wer das nicht mit wehenden Fahnen schafft, der schafft auch nicht 25% zum Wahllokal zu bringen. Gar nicht von der Möglichkeit das mehr dagegen Stimmen. Hier sieht man deutlich die unterschiede zwischen Gefühlter Stimmung einer in sich geschlossenen Protestgruppe, und den realen Mehrheitsverhältnissen.
BER wird eh eine Fehlinvestition, mit Nachtflugverbot wird es richtig teuer. Ganz abgesehen davon das MIT BER es weniger Fluglärmopfer gibt als bisher.
Die Lärmopfer sind im der Mehrheit Autopendler, ihr protest gegen Verkehrslärm ist in sich verlogen.
@Stratege
Was glauben Sie eigendlich wie begeistert die Anwohner einer ICE-Trasse sind? Bei der Dresdner Bahn sieht man doch das auch der Zug Opfer der NIMBY-Kultur ist. Genauso wie bei der festen Fehmanbelt-Querung.
Ein Zug erzeugt im Fernverkehr sicher nicht weniger "Lärmopfer" als ein Flugzeug.
Wolfgang Banse
Gast
Grundsätzlich sollte es weltweit ein Nachtflugverbot geben.
Mike
Gast
Man will keinen Fluglärm. Man will nicht körperverletzt und verlärmt werden. Die beschliessenden Politiker leben ruhig und beschützt. Das Grundgesetz ist hier Makulatur.
Den Pfusch-BER sollte man hier als Lösung wegreissen und in Sperenberg neubauen, das ist ohnehin billiger als Sanieren, das weiss jedes Kind.
Stratege
Gast
Die politischen Mehrheiten verschieben sich, die Nachtfluggegner werden gegen allen wirtschaftlichen Sachverstand obsiegen.
Die Politik muss sich nun neu aufstellen, und eine neue langfristige Flughafenplanung aufbauen.
1. Tegel muss als zweiter Flughafen offen bleiben, weil BER schon durch kleinste Elektronikausfälle bei der Brandmeldeanlage völlig ausfallen kann.
Zukünftig sollte Tegel als Business- und Regierungsflughafen offen bleiben.
2. BER ist für einen Großflughafen falsch konzipiert und sollte bei 25 Mio. Passagieren Kapazität stabilisiert werden. Der alte Schönefelder Flughafen sollte erneuert werden.
Eine dritte Landebahn ist nicht mehr nötig.
3. Im Raum Brandenburg/Havel und Potsdam-Mittelmark sollte ein Luftfracht- und Nachtlande-Flughafen völlig neu gebaut werden. Potsdam und Brandenburg/Havel sollten durch ICE-Bahnverbindungen an den Berliner Hauptbahnhof angeschlossen werden.
Um diese Planungen voranzutreiben sollten bei den nächsten Wahlen (2014 Brandenburg, 2016 Berlin) klare politische Aussagen und Vorgaben der großen Parteien für einen Länderzusammenschluß Berlin-Brandenburg propagiert und geplant werden.
Wolfgang Banse
Gast
Grundsätzlich sollte es ei gernerelles Nachtflugverbot geben,nicht nur in Brandenburg,Berlin wie gefortdert,sondern weltweit.
D.J.
Gast
Hmm, eine 3,5 Mio-Stadt; Hauptstadt eines 80-Mio-Landes. Kann mir jemand sagen, ob irgendwo auf der Welt eine annähernd vergleichbare Stadt ebenfalls ein Nachtflugverbot hat? Oder machen sich die hysterischen Deutschen einmal mehr vor der Welt lächerlich?