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FIDEL CASTRO LÄSST JIMMY CARTER FÜR DIE OPPOSITION WERBENFreie Rede nur für Imperialisten

Für Überraschungen ist Fidel Castro immer wieder gut. Dass er Jimmy Carter nach Havanna einlädt, um damit eine prominente Stimme gegen die Konfrontationspolitik der amtierenden US-Administration an seiner Seite zu haben, überrascht nicht. Bemerkenswert ist jedoch, dass Kuba sein Medienmonopol öffnet, damit ausgerechnet ein ehemaliger Präsident der als imperalistisch betrachteten Macht USA für einen grundlegenden politischen Systemwechsel werben kann – per Liveschaltung in alle TV-Haushalte.

International konnte der kubanische Revolutionsführer damit in jedem Fall Punkte machen: Carter lobte das sozialistische Gesundheitssystem, verurteilte das Embargo der USA und wies auch die neuesten Anschuldigungen Washingtons zurück, Kuba würde an Biowaffen arbeiten. Aber die Wirkung von Carters Liveauftritt auf die kubanische Öffentlichkeit ist weniger berechenbar. Anders als der Papst, der bei seinem Kubabesuch vor vier Jahren seine soziale und politische Botschaft in religiöse Sprache und Bilder kleiden musste, ließ es der hohe Gast aus den USA in seiner 20-Minuten-Rede an politischer Direktheit nicht fehlen und nutzte den Auftritt, um einem Vorhaben kubanischer Dissidenten eine breite Öffentlichkeit zu verschaffen. Wenige Tage vor Carters Besuch war es Oppositionellen erstmals gelungen, mit dem „Projekt Varela“ eine von einer breiteren Basis getragene Initiative auf den Weg zu bringen: Sie übergaben dem kubanischen Parlament mehr als 10.000 Unterschriften, um weitgehende politische Reformen zu fordern – ein Weg, der in der kubanischen Verfassung durchaus vorgesehen ist. Es ist aber die Crux der Dissidenten in Kuba, dass sie im Ausland vielfach bekannter sind als auf der Insel selbst. Die Mehrheit der Kubaner wird von dieser Initiative deshalb erstmals gehört haben, als mit Carter ein US-Amerikaner darüber sprach.

Darin mag das Kalkül Castros gelegen haben: Carters Werben würde die These belegen, dass das „Projekt Varela“, wie angeblich alle oppositionellen Regungen auf der Insel, im Dienste der USA steht und daher keinerlei Legitimität besitzt. Die kubanische Regierung wird das so prominent gewordene Projekt dennoch nicht mehr ignorieren können – aber es deutet auch wenig darauf hin, dass sie an ihm zerbricht. Es bleibt die Frage, warum ausgerechnet ein Expräsident der Feindesmacht USA das Privileg der freien Rede über Dinge erhält, die eigentlich ureigenste Angelegenheit einer kubanischen Öffentlichkeit wären. BERT HOFFMANN

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin

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