: FDP sieht sich als Zirkus
Der kurze Friede zwischen Parteichef Gerhardt und Generalsekretär Westerwelle ist schon wieder vorbei
BERLIN afp ■ „Ich bin der Idiot hier. Ich komme mir vor wie im Zirkus“, schnaubte Baden-Württembergs FDP-Chef Walter Döring gestern. „So kann man uns nicht hängen lassen.“ Selbst Führungspolitiker der Liberalen konnten am Donnerstag nur noch Mutmaßungen über ihre eigene Parteispitze anstellen: Wird Guido Westerwelle nun Spitzenkandidat im Bundestagswahlkampf? Oder wird der derzeitige Generalsekretär der FDP doch Fraktionschef im Bundestag? Nachdem eine Lösung für das Personalgefüge am Vortag schon gefunden schien, brach das Konstrukt doch wieder zusammen – und begrub die Hoffnungen vieler Liberaler auf ein schnelles Ende des Personalstreits unter sich. Besonders hart traf es Döring, der im Landtagswahlkampf steckt und in Stuttgart seinen Landesparteitag ohne ein klärendes Wort aus Berlin eröffnen musste.
Gerhardt hatte etwas vorschnell eine Einigung mit Westerwelle verkündet. Nach seinem Vier-Augen-Gespräch mit dem Generalsekretär vom Vortag rief er Westerwelle zum künftigen Spitzenkandidaten der FDP im Bundestagswahlkampf 2002 aus, sich selbst damit vorerst den Posten des Parteichefs sichernd. NRW-FDP-Chef Jürgen Möllemann, der die Debatte über Gerhardts Schwächen als Vorsitzender angezettelt hatte und selbst Kanzlerkandidat werden wollte, schien aus dem Rennen. Doch dann überraschte die Liberalen eine erneute Wende im Personaltheater: Westerwelle sei dieses Tandem-Modell zu wenig gewesen, hieß es in Parteikreisen. Beide hätten daraufhin eine Bedenkzeit vereinbart, um zu prüfen, ob eine Annäherung noch möglich sei.
Weder Gerhardt noch Westerwelle machten bei ihrem Ringen eine besonders gute Figur. Die bayerische FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger prangerte „Selbstinszenierungen“ an.
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