: FDP auf der Suche nach mehr Schwerpunkten
■ Vor dem Dreikönigstreffen streitet sich die Parteispitze. FDP-Chef Gerhardt verlangt gemeinsames Handeln. Doch Genscher und Leutheusser wollen vor allem mehr liberales Profil
Berlin(AP/taz) – Die Führungsspitze der FDP bleibt tief zerstritten. Kurz vor dem Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart mahnte Parteichef Wolfgang Gerhardt am Wochenende zwar die Mitglieder der Parteiführung, künftig an einem Strang zu ziehen. Prominente Kritiker wie der frühere Parteichef Hans-Dietrich Genscher, Exjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der nordrhein-westfälische Landeschef Jürgen Möllemann erneuerten jedoch ihre Forderung nach einem klareren Profil der FDP. Der Spiegel berichtet, daß die Partei nach einer Emnid-Umfrage deutlich unter die Fünfprozentmarke gerutscht ist.
Genscher rief die Liberalen in dem Magazin auf, „außer dem richtigen Steuerthema auch andere liberale Schwerpunkte mit derselben Kraft zu vertreten“. Man müsse mit seinen Pfunden wuchern. Und Leutheusser- Schnarrenberger, eine Wortführerin des linksliberalen „Freiburger Kreises“, verlangte für die FDP „ein stärkeres Profil als die Partei, die für die innere Liberalität einer modernen Gesellschaft über das Jahr 2000 hinaus steht“. Die Partei sei außer in der Steuerpolitik „nicht sonderlich wahrnehmbar“.
Parteichef Gerhardt appellierte derweil in Interviews, „man sollte sich in den Führungspersönlichkeiten der FDP nicht gegenseitig bestätigen, wo man den anderen verengt sieht, sondern sollte das Profil der FDP gemeinsam zeichnen“. Zugleich verteidigte er den umstrittenen Vorrang der Liberalen für die Steuerpolitik: „Es geht nicht nur um ein politisches Thema für die FDP, es ist ein Beschäftigungsthema ersten Ranges.“
Der frühere Bundeswirtschaftsminister Möllemann warf seiner Partei vor, „liberale Orientierung allein in der Wirtschaftspolitik herauszustellen und andere Themenbereiche wie die Bildungs- und die Rechtspolitik zu vernachlässigen“. Allerdings seien auch wichtige Positionen „mit den falschen Personen besetzt“, sagte Möllemann und nannte die Bonner Minister Edzard Schmidt-Jortzig (Justiz) und Günter Rexrodt (Wirtschaft).
Derzeit hätte die FDP nur geringe Chancen für einen Wiedereinzug in den Bundestag. Ende Dezember haben nur vier Prozent der rund 1.000 Befragten angegeben, die Partei wählen zu wollen.
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