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FDP-Generalangriff auf die Koalition

■ FDP-Chef Lambsdorff kritisiert Bonner Finanzpolitik scharf/ Subventionsabbau von 30 Milliarden reiche nicht/ SPD-Wirtschaftsexperte Roth wirft Regierung „Kreditlüge“ vor/ Waigel verteidigt sich

Bonn/München (afp/dpa/taz) — Das Klima in der Bonner Regierungskoalition wird zunehmend eisiger. Zu einem Generalangriff auf die Fiskalpolitik der Bundesregierung nutzte FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff gestern eine Pressekonferenz nach einer Präsidiumstagung seiner Partei.

Zwei Tage vor der Entscheidung des Bundeskabinetts über den Haushalt des nächsten Jahres meinte der Graf, die Ausgaben des Bundes seien ebenso wie die der Länder und Gemeinden zu hoch. Durch die deutsche Einheit träten Dauerbelastungen von jährlich bis zu 150 Milliarden Mark auf. Auch der geplante Subventionsabbau von 30 Milliarden Mark in den nächsten drei Jahren reiche angesichts dieser Belastungen kaum aus. Der Ausweg dürfe aber nicht in weiteren Steuererhöhungen liegen, sondern müsse vielmehr in Ausgabenkürzungen gefunden werden. In Folge der Vereinigung hätten sich finanzpolitische Strukturdaten entscheidend verändert. Das Staatsdefizit mache 1991 rund 5,5 Prozent des Bruttozozialproduktes aus, während es 1989 sogar einen kleinen Überschuß gegeben habe. Der Anteil der Staatsausgaben werde 1991 mit über 52 Prozent (1989: 45 Prozent) höher ausfallen als je zuvor. Ferner stiegen die Zinsausgaben im Bundeshaushalt bis auf 60 Milliarden im Jahr 1995 steil an.

Lambsdorff wies zudem auf eine Reihe von Risiken für den Bundeshaushalt hin, die die Lage unkalkulierbar machen könnten. So nannte er den Kreditabwicklungsfonds sowie die Schulden der Ex-DDR. Das größte Risiko liege in der Lohnentwicklung, warnte der FDP-Vorsitzende. Es sei „verhängnisvoll“, wenn in den neuen Ländern eine lohnpolitische Korrektur ausbliebe. Lambsdorff äußerte sich zuversichtlich, daß der geplante Subventionsabbau von zehn Milliarden Mark im nächsten Jahr gelingen werde, von dem Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) sein Verbleiben im Amt abhängig gemacht hat.

Die SPD bezeichnete die Äußerungen Lambsdorffs als „vernichtende Rundum-Kritik“, mit der von der Mitverantwortung der FDP abgelenkt werden solle. Der SPD- Wirtschaftsexperte Wolfgang Roth warf der Bundesregierung wegen des Haushaltsentwurfs von Finanzminister Theo Waigel (CSU) eine „blanke Kreditlüge“ vor. Doch die SPD bestehe nicht länger auf dem Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann, falls der Subventionsabbau nicht gelinge. Bereits jetzt stehe fest, daß der FDP-Politiker sein Ziel nicht erreichen werde: „Er hat sein Ziel nicht erreicht, aber er darf bleiben. Einen Fehler darf man machen.“ Es sei aber „eine Schande“, wie sich Möllemann, nur um „Gags“ zu machen, in Rücktrittszwang gebracht habe, kritisierte Wolfgang Roth.

Der CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Theo Waigel dagegen verteidigte die Bonner Finanzpolitik. Trotz hoher finanzieller Belastungen seien die Finanzen „unter Kontrolle und im Kurs“, betonte er gestern in München. In Anspielung auf Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) kritisierte Waigel, dem geplanten Subventionsabbau werde mit „Spektakel in der Öffentlichkeit“ nur geschadet. „Bedauerlich“ sei, daß dabei das Grundanliegen einer harten Ausgabenbeschränkung in den Hintergrund gedrängt werde. „Was an Mitteln für 1992 zurückgeführt wird, ist mehr als der Betrag, über den so laut gesprochen wird“, sagte Waigel. In vier bis fünf Jahren werde der Abbau der Subventionen an 40 Milliarden betragen.

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