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FDP-Fraktionsschefin Katja Suding"Wir wollen regieren"

Hamburgs Parteien setzen verstärkt auf Kooperation statt Konfrontation. FDP-Fraktionschefin Katja Suding im taz-Interview über die Konsenssucht im Rathaus.

Glaubt an die Zukunft der FDP: Katja Suding. Bild: dpa
Interview von Sven-Michael Veit

taz: Frau Suding, welche städtischen Unternehmen würden Sie gerne privatisieren, wenn Sie könnten?

Katja Suding: Für uns steht zunächst im Fokus, unnötige Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen: Der Verzicht auf Studiengebühren ist falsch, die Reduzierung des Personals im öffentlichen Dienst muss ernsthaft angegangen werden. Und natürlich gibt es städtische Unternehmen, die sich in funktionierenden Märkten bewegen. Und da müssen wir ran.

Welche öffentlichen Aufgaben wollen Sie denn dem freien Spiel der Kräfte überlassen?

In erster Linie Hamburg Energie. Diese Konstruktion unter dem Dach der Wasserwerke verstößt nach unserer Ansicht gegen die Landeshaushaltsordnung. Da gibt es Quersubventionen zu Lasten anderer Unternehmen und zu Lasten der Kunden von Hamburg Wasser.

Sie glauben tatsächlich, dass es in Deutschland und in Hamburg einen funktionierenden Energiemarkt gibt?

Ja, der Energiemarkt für Endverbraucher funktioniert wunderbar. Alle Hamburger können zwischen mehr als 100 Anbietern wählen, auch Ökostrom. Das ist ein sehr guter Wettbewerb, der keinen weiteren städtischen Anbieter benötigt, den die Stadt mit Bürgschaften päppelt.

Mit der Einschätzung eines funktionierenden Wettbewerbs auf dem Energiemarkt haben Sie ein Alleinstellungsmerkmal.

Das glaube ich nicht. Vor allem andere mittelständische Anbieter sehen auch eine Wettbewerbsverzerrung durch Hamburg Energie.

Katja Suding

36, Politologin, PR-Managerin, verheiratet, Mutter zweier Söhne, seit 2011 Fraktionsvorsitzende der FDP in der Bürgerschaft.

Sehen Sie darin ein weiteres Indiz für den Hang zur Staatswirtschaft, den Sie der SPD beim Kauf der Hapag-Lloyd-Anteile unterstellt haben?

Ja, das ist doch offensichtlich. Der Deal mit Hapag-Lloyd und der Einstieg in die Energienetze sind Staatswirtschaft pur! Und das belastet den Haushalt mit millionenschweren Zinszahlungen. Dafür soll dann im Sozialbereich gekürzt werden.

Der Staat sollte sich aus der Wirtschaft raushalten?

So grundsätzlich und ausnahmslos kann man das nicht sagen. In diesen beiden Fällen aber war das falsch.

In der Bürgerschaft sind seit Jahresbeginn viele Beschlüsse mit breiten Mehrheiten oder sogar einstimmig gefasst worden. Gibt es im Rathaus eine neue Konsenssucht?

Es gibt Bereiche, wo es gut ist, wenn das Parlament mit großer Mehrheit oder auch mal einstimmig beschließt. Das ist zum Beispiel bei der Volksgesetzgebung der Fall oder auch beim Transparenzgesetz. Das sorgt für eine große Verlässlichkeit über die nächste Wahl hinaus. Daneben gibt es aber natürlich weiterhin viele Themen, die sehr kontrovers sind.

Also Kooperation nur da, wo sie inhaltlich begründbar ist?

Ja. Dadurch kann man auch als kleine Oppositionspartei Positionen einbringen und umsetzen. Bei der Schuldenbremse haben wir gegen die SPD mehrere Punkte durchsetzen können, die uns wichtig waren. So gibt es nun einen verbindlichen Kurs zum Abbau der Neuverschuldung. Wir vermeiden dadurch radikale Streichungsorgien vor dem Greifen der Schuldenbremse. Das ist gut für die Stadt.

Ist das auch eine Frage der politischen Hygiene, nicht Opposition um jeden Preis zu betreiben?

Ja. Wir haben von Anfang an angekündigt, Vorschläge des Senats oder der SPD-Fraktion zu prüfen und auch zuzustimmen, wenn wir das für richtig halten. Wir als FDP machen konstruktive Opposition, keine Fundamentalopposition. Bei der Volksgesetzgebung haben wir mitgestimmt, haben aber in einem Zusatzantrag die Einführung eines Beteiligungsquorums bei Bürgerentscheiden gefordert. Leider konnten wir uns damit gegen die anderen Fraktionen und den Verein „Mehr Demokratie“ nicht durchsetzen. Dennoch fanden wir den gefundenen Kompromiss im Grundsatz akzeptabel, ohne jetzt jeden Spiegelstrich langwierig neu diskutieren zu müssen.

Könnte diese Konsenssucht ein Versuch der SPD sein, die Opposition zu spalten?

Nein, es gibt keine Koalition in der Opposition, die man spalten könnte. Die vier Oppositionsfraktionen in der Bürgerschaft von CDU und FDP bis zu Grünen und Linken sind so vielfältig und unterschiedlich, da gäbe es nichts zu spalten.

Es gibt also im Rathaus keine Einheitsliste, sondern den Versuch, Parteiengezänk zu minimieren?

Wir sind alle gewählt, das Beste für Hamburg zu erreichen. Deshalb gibt es eine punktuelle Zusammenarbeit in wichtigen Fragen und nicht Streit um des Streites Willen. Das wäre den Bürgern – Stichwort: Politikerverdrossenheit – auch nicht vermittelbar.

In zweieinhalb Jahren ist schon wieder Bürgerschaftswahl. Glauben Sie, dass bis dahin die FDP wieder vermittelbar sein wird?

Wie kommen Sie darauf, dass wir das nicht wären? Wir werden auch nach 2015 wieder mit einer starken FDP-Fraktion in der Bürgerschaft sitzen.

Zurzeit liegt die FDP in Hamburg bei zwei bis drei Prozent. Da haben Sie noch viel Arbeit vor sich.

Bei dieser Umfrage aus dem März hat der negative Bundestrend unsere gute Arbeit in Hamburg überlagert. Aber spätestens seit den FDP-Erfolgen im Mai in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist der Aufwind deutlich spürbar.

In beiden Fällen gab es charismatische Spitzenkandidaten: Wolfgang Kubicki und Christian Lindner. Wird die Hamburger FDP bei der nächsten Wahl wieder eine charismatische Spitzenkandidatin Katja Suding haben?

Die Frage stellt sich momentan überhaupt nicht, aber wenn die Partei das möchte, werde ich das sehr gerne wieder machen, ja.

Um dann Zweite Bürgermeisterin zu werden, falls die SPD einen Koalitionspartner benötigt?

Wir würden sicherlich, wenn das Wahlergebnis das so hergibt, für Gespräche mit der SPD offen sein. Wir wollen regieren, aber nicht um jeden Preis, und pflegen gewiss keine Verweigerungshaltung.

Die CDU haben Sie offenbar schon abgeschrieben?

Bei realistischer Betrachtung sieht es zurzeit nicht nach einer schwarz-gelben Mehrheit aus. Wenn doch, würden wir aber selbstverständlich auch mit der CDU reden.

Was macht Katja Suding am 1. März 2015?

Da bereite ich mich auf eine weitere spannende Legislaturperiode in der Bürgerschaft vor.

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