FC Bayern München gegen VfL Bochum: Klinsmanns Kontrollfußballfest
Nach dem 3:0 in Bochum wähnen sich die Bayern "auf einem guten Weg" - auch ohne Stürmer. Denn Luca Toni und Ribéry fehlten ganz und Klose verletzte sich. Sosa ergriff seine Chance.
BOCHUM taz Vahid Hashemian kennt sich mit Einwechslungen bestens aus. In dieser Saison kam er fünf Mal von der Bank ins Spiel, in der vergangenen sogar rekordverdächtige 19 Mal bei 20 Einsätzen. So lange wie am vergangenen Samstag, wird er aber wohl noch nie auf eine Unterbrechung gewartet haben.
VfL Bochum: Fernandes - Concha, Pfertzel, Fabian, Christian Fuchs - Dabrowski, Imhof - Sestak (74. Grote), Epalle (85. Freier), Azaouagh - Mieciel (64. Hashemian)
Bayern München: Rensing - Lell, Lucio, van Buyten, Lahm - Schweinsteiger, van Bommel, Demichelis, Zé Roberto - Klose (31. Sosa), Podolski
Zuschauer: 31.328 (ausverkauft)
Tore: 0:1 Zé Roberto (32.), 0:2 Lahm (60.), 0:3 Demichelis (90.)
Rote Karte: Pfertzel (48./Notbremse)
Minutenlang hüpfte er im Dauerregen an der Seitenlinie herum und sah dem FC Bayern zu. Der Ball lief von einem Münchner zum nächsten, meistens quer, kurz nach vorne, dann wieder zurück. "Wir halten den Ball besser in den eigenen Reihen. So kommen die Gegner auch nicht zu so vielen Chancen", beschrieb Philipp Lahm den risikoarmen Stil, der einen souveränen 3:0-Sieg beim überforderten VfL Bochum einbrachte und den Abstand bei vier Punkten auf Tabellenführer Hertha BSC belässt. Es könnte der prägende Stil für die restliche Saison werden, zumindest in Spielen ohne Franck Ribéry, der in Bochum wegen einer Schienbeinprellung fehlte. Trainer Jürgen Klinsmann sah seine Mannschaft wieder einmal "auf einem guten Weg", obwohl sie seinen Weg, den des aggressiven Pressing- und Offensivfußballs verlassen hat - auf wessen Geheiß auch immer.
Mark van Bommel gab sich eindeutig als Anhänger des Kontrollfußballs zu erkennen. Der Kapitän beklatschte seine Kollegen für Querpässe über zehn Meter und stoppte Lucio noch vor der Mittellinie, als der Innenverteidiger zu einem Sturmlauf aufbrechen wollte. Klinsmann lobte den Auftritt als "sehr ruhig, sehr besonnen". In der ersten Halbzeit war er allerdings auch sehr schwach. Zé Roberto erzielte mit dem ersten Torschuss das 1:0 - in der 32. Minute. Nach einer Roten Karte für den Bochumer Marc Pfertzel (48.) gestaltete sich die zweite Hälfte wesentlich einfacher, auch ohne Stürmer. Luca Toni fehlte verletzt, Lukas Podolski war zwar körperlich anwesend, aber die schwache Vorstellung gipfelte in einem verschossenen Elfmeter (49.). Miroslav Klose verletzte sich schon nach einer halben Stunde. "Es hat gekracht", sagte er, nachdem er in ein Loch getreten war. Eine erste Untersuchung ergab eine Knöchelverletzung.
Weil Klinsmann sein 4-4-2-System nach der Auswechslung Kloses nicht aufgeben wollte, ließ er Jose Ernesto Sosa in der Spitze spielen. Der 23 Jahre alte Argentinier fiel positiv auf, weil er und Zé Roberto für die überraschenden Momente sorgten. "Er ist ein unglaubliches Talent. Aber es ist schwer, solch ein Talent beim FC Bayern hochzubringen", sagte Klinsmann. In Ribéry, Bastian Schweinsteiger und Hamit Altintop habe Sosa "Leute vor sich, an denen kommt er nicht vorbei". In der Winterpause hätte Klinsmann den schnellen und technisch starken Sosa gerne ausgeliehen. Das Geschäft mit dem italienischen Erstligisten US Palermo platzte aber kurz vor dem Ende der Transferperiode. Manager Uli Hoeneß, der sich ansonsten Urteile auf der Grundlage von 60 Spielminuten verbittet, jubelte: "Sosa ist als Neuzugang zu begreifen. Er hat es jetzt scheinbar begriffen." Einige "Herren in München", die den oft lethargischen Argentinier als Fehleinkauf abstempelten, "müssen sich jetzt entschuldigen". Das wäre allerdings verfrüht. Sosa, der 2007 für viel Geld (die Angaben schwanken zwischen 4,5 und zehn Millionen Euro) verpflichtet worden war, wurde bei seinen bisherigen 23 Bundesligaspielen 15 Mal eingewechselt. Es ging aber vermutlich immer schneller als bei Hashemian.
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