Extremismusklausel ist rechtswidrig: Kristina Schröder abgewatscht
Projekte, die vom Staat gefördert werden, sollten eine umstrittene Extremismusklausel unterschreiben. So wollte es Kristina Schröder. Ein Verein klagte dagegen – und gewann.
DRESDEN taz | Das Verwaltungsgericht Dresden hat die „Extremismusklausel“ des Bundes für rechtswidrig erklärt. Der Verein Alternative Kultur- und Bildungszentrum e. V. (AKuBiZ) hatte gegen den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge geklagt, der ein Projekt des Vereins zwar als „demokratiefördernd“ anerkannte, ihm aber Mittel verweigerte, weil der Verein die Klausel nicht unterschreiben wollte.
Nach dem Willen des Familienministeriums müssen alle Initiativen, die mit staatlicher Unterstützung gegen rechts aktiv sind, diese Klausel unterzeichnen. Demnach müssen Initiativen prüfen, ob Kooperationspartner, Referentinnen und Referenten sich den Zielen des Grundgesetzes verpflichtet fühlen. Das Ministerium begründete die Einführung der Klausel 2010 mit dem Verdacht, Initiativen gegen rechts würden von Linksextremisten unterwandert.
Das Dresdener Urteil ist ein schwerer Schlag für Kristina Schröder, denn das Gericht gab dem Kläger in allen Punkten recht. Steffen Richter, Sprecher des AKuBiZ, triumphiert: „Wir waren immer der Meinung, dass die Feinde der Demokratie nicht diejenigen sind, die aktiv für sie streiten, sondern diejenigen, die sie durch Formalia einschränken.“
Es ginge dem Verein nicht um die 600 Euro, die ihm vorenthalten wurden, sondern um das „grundsätzliche Demokratieverständnis“. Steffen Richter glaubt, dass das Urteil Signalwirkung haben wird und nun auch andere Initiativen rechtliche Schritte gegen die Klausel einleiten werden.
AKuBiZ hatte schon 2010 den Demokratiepreis des Landes Sachsen abgelehnt, weil Initiativen gegen rechts dort eine Extremismusklausel unterzeichnen sollten, bevor Familienministerin Schröder diese ab 2011 bundesweit einführte. Seither hagelte es bundesweit Proteste seitens zivilgesellschaftlicher Initiativen. Sie sehen sich durch die Klausel unter Generalverdacht gestellt und in ihrer Arbeit eingeschränkt.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gab nach dem Urteil bekannt, die schriftliche Urteilsbegründung abwarten zu wollen. Bis dahin bliebe die „Demokratieerklärung Bestandteil unserer Bescheide“, hieß es aus Berlin.
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