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Extremismus im Osten18 Millionen Euro gegen Menschenhass

Der Innenminister will mit Millionen die Demokratie im Osten stärken. Anders als ursprünglich geplant richtet sich das Programm aber nicht nur gegen Neonazis.

Weil Appelle nicht reichen, gibt's jetzt noch ein paar Millionen Euro dazu. Bild: dpa

BERLIN taz | Thomas de Maizière (CDU) ist nicht nur Innenminister, sondern auch der Regierungsbeauftragte für die neuen Länder. In dieser Funktion will er nun bis 2013 weitere 18 Millionen Euro für die Bekämpfung des Extremismus in Ostdeutschland ausgeben. Die Entwicklung rechtsextremer Aktivitäten sei dort "besorgniserregender als in den westdeutschen Bundesländern", sagte de Maizière zum Start des neuen Programms "Zusammenhalt durch Teilhabe" am Freitag. So fielen die Wahlerfolge der NPD im Osten höher aus und es gebe Gegenden, "wo der Rechtsextremismus in die Mittelschicht hineinkriecht, auch mit Verfestigungstendenzen".

Wie genau das Präventionsprogramm aussehen soll, ist noch unklar. Es richte sich vor allem an ostdeutsche Städte und Gemeinden, die von gesellschaftlichen Veränderungen wie Abwanderung besonders betroffen seien, teilte de Maizière mit. Gemeinden, Vereine oder Bürgerinitiativen, die sich um die Förderung bewerben wollen, können sich ab sofort an die Bundeszentrale für politische Bildung wenden.

Anders als von de Maizières Vorgänger als Ostbeauftragter ursprünglich vorgesehen, soll mit dem Geld aber nicht nur der Neonazismus bekämpft werden. Vorgänger Wolfgang Tiefensee (SPD) plante das Projekt noch unter dem Titel "Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern". Jetzt steht in den Förderrichtlinien, dass die Projekte "extremistischen Einflüssen in jeder Erscheinungsform den Nährboden entziehen" sollen. Sprich: Auch die Entstehung von Islamismus und Linksextremismus soll bekämpft werden.

Das löst in der Opposition Befremden aus. "Die Hauptprobleme in den neuen Bundesländern sind eine starke Neonaziszene und der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft, die Phänomene Linksextremismus und Islamismus sind es nicht", sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven Kindler. Anstatt neue Strukturen aufzubauen, sollten die bereits bestehenden Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt gestärkt werden, die teils vor finanziellen Problemen stünden.

Mit dem Schwenk hin zur Bekämpfung aller Formen des Extremismus folgt de Maizière der Linie, die Familienministerin Kristina Schröder (CDU) schon vorgegeben hat. Neben den bereits bestehenden Programmen gegen rechts aus ihrem Haus hat sie im Juli erstmals Programme gegen Linksextremismus und Islamismus gestartet. Fünf Millionen Euro sind für 2011 vorgesehen. In diesem Jahr sind es zwei Millionen Euro. Ein Großteil wird zunächst aber in die Erforschung fließen. "Im Gegensatz zum Rechtsextremismus gibt es im Bereich Linksextremismus deutlich weniger wissenschaftliche Erkenntnisse", räumte das Familienministerium jüngst ein.

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12 Kommentare

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  • S
    Steffi

    Man muss ja weder nur eines noch alles drei zu gleichen Teilen machen.

    Richtig vernünftig und auch von keiner Seite angreifbar wäre, die Anteile der Förderung, die da reinfließen, in Korrelation zu setzten zu der Zahl der Straftagen, die von der jeweiligen Seite begangen werden. Der Anteil der dann noch auf Islamisten und Linke entfallen würde, wäre erstens gering und zweitens gerechtfertigt.

  • UA
    Urmel aus dem Eis

    Das Geld sollte man besser in Arbeitsplätze stecken, egal wie sinnvoll diese Arbeit sein mag, dann entzieht man den extremen Gruppen die Grundlage

  • AA
    Ali A.

    Da kann ich Peter W. nur Recht geben. Die grauen Wölfe versuchen in vielen Bereichen in Berlin ihren Einfluss geltend zu machen, obwohl der oftmals schon sehr groß ist. Massiv werden schon Kinder angeworben.

  • CK
    Caltor Kastorno

    Das ist leider mal wieder der komplett falsche Ansatz, was mich nicht überrascht. Wer die Demokratie aus seinem politischen Amt heraus stärken oder meinetwegen sogar retten will, sollte bei sich selbst anfangen. Stichwort: Bürgernähe. Die ist nämlich weitgehend dahin, zumeist auch schon auf kommunaler Ebene. Das Phänomen, welches wir hier beobachten dürfen, ist ein quasi-kommunistischer Staatsapparat, ein "Selbstbedienungsladen", wie manche Kritiker es nennen, und jenseits dieses Apparats eine sich jeder Kontrolle entziehende Marktwirtschaft, die große Teile der Bevölkerung den Launen globaler Großspekulanten ausliefert. Das Vertrauen ist aufgebraucht, und es muss niemanden wundern, wenn schlichte Gemüter sich ihre Sündenböcke suchen - das Volk, das sich von Volksvertretern nicht vertreten fühlt, vertritt sich dann eben auf seine Weise, und zwar die Weise, die im Rahmen seiner geistigen Fähigkeiten liegt. Das kann man mit 18 Millionen Euro nicht beheben. Hier muss man mit Hammer und Zange ans System gehen, was allerdings zu Ungunsten vieler Profiteure gehen würde - also lässt man es bleiben und dämonisiert die Radikalen zu Demokratiezerstörern, denen man mit Unsinnsprojekten begegnen muss. Die eigentlichen Zerstörer unserer Demokratie sind jedoch ihre Verwalter, und der Schaden, den diese entrückte Bürokratenkaste bereits angerichtet hat und der von ihr noch verursacht werden wird, jagt mir persönlich mehr Angst ein als ein Haufen hirnloser Kahlrasierter.

  • DA
    Denis A.

    wie wärs mit nem projekt gegen umweltextremismus ? in richtung grosskonzerne blicke die nur auf profit ausgerichtet die umwelt quasi vernichten ?

  • A
    Apollo

    Sächsische Zeitung 31.08.2010

     

    Straftaten aus politischer Motivation

     

    Linke:

    Gesamt: 153

    Gewalttaten: 51

     

    Rechte:

    Gesamt: 263

    Gewalttaten: 16

  • O
    Ostseestern

    Wäre sehr zu begrüßen, wenn ein Teil des Geldes in die Analyse und die Dokumentation und Veröff. der Dokumentation flösse, wo allgegenwärtige, offene und verdeckte Behindertenfeindlichkeit und Hass auf Behinderte fest gehalten wird.

    Manche Gegenden von Ostdeutschland und Ost-Berlin haben sich für Behinderte zu no-go- und no-drive-areas entwickelt. Bedenklich! Behindertenbeauftragte verschließen die Augen davor und legen das Benehmen der 'berühmten' drei Affen 'nichts sehen-nichts hören-nichts sagen' an den Tag.

    Ostseestern.

  • T
    Teja552

    Wie wäre es denn mal mit einen Fonds gegen unselige Politik und Politiker, diese sind immer noch die größte Gefahr in Deutschland!

  • AS
    Andreas Suttor

    In diesem Artikel sind gleich mehrere Dinge zu finden, die einer unbedingten Klarstellung bedürfen. Erstens ist die Abgrenzung des Begriffs Extremismus ohnehin schwierig, zweitens ist er im Osten nicht größer oder stärker als im Westen und drittens kann es nicht Aufgabe von staatlichen Stellen sein, in einer Demokratie extremistische Tendenzen zu bekämpfen, denn das ist Sache der Parteien, die durch überzeugende Politikangebote diese Tendenzen im Keim ersticken können.

    Zu Punkt 1: wer legt denn fest, was extrem ist und was nicht? Die Definitionen der einschlägigen Behörden sind butterweich und eigentlich nicht zu gebrauchen, was aber in der Natur der Sache liegt.

    Ist schon die Definition schwierig, so ist eine Differenzierung nach Ost und West ungehörig. Im Osten besteht nur eine erhöhte Neigung, politische Meinungen auch auszuleben - die Einstellungen sind im Westen identisch.

    Und schließlich der wichtigste Punkt: es steht einer Demokratie nicht gut zu Gesicht, politische Extremisten mit staatlichen Programmen zu überwachen und zu indoktrinieren. Aus demokratietheoretischer Sicht ist das höchst bedenklich. Es liegt an den politisch Handelnden im demokratischen Wettbewerb, durch überzeugende Politikangebote ein Anwachsen extremistischer Bewegungen zu verhindern. Also - SPD,CDU,Grüne und FDP - los!

  • I
    Icke

    Man sollte vor allem ein Projekt gegen Polizeigewalt und so manche Scheindemokraten der CDU, wie den Wolfgang, finanzieren.

  • D
    Demokrat

    Demokratie? So wie bei Sarrazin? 70-90% Zustimmung - das Gegenteil wird gemacht und geschrieben? Das haben die da schon länger, wozu also 18Millionen ausgeben?

  • PW
    Peter W.

    Man sollte auch ein Projekt gegen die grauen Wölfe (türkische Faschisten) finanzieren.