Extreme Niederschläge auf dem Balkan: Tote und Milliardenschäden
Zehntausende wurden auf dem Balkan aus ihren überfluteten Häusern gerettet. Nicht alle schafften es. Geschäftsleute in Serbien wollten die Notlage finanziell ausnutzen.
BELGRAD/PRAG/WARSCHAU dpa | Im extremen Hochwasser auf dem Balkan sind mehr als 20 Menschen gestorben, weit über eine Million Einwohner der armen Länder in Südeuropa sind von den Überschwemmungen betroffen. 95.000 Haushalte müssen ohne Strom auskommen. Die Schäden allein in Serbien werden auf eine Milliarde Euro geschätzt – so lautete am Samstag eine erste Bilanz der tagelangen Rekordregenfälle.
In Bosnien-Herzegowina bestätigten die Behörden am Samstag wenigstens 16 Tote, in Serbien 5. Dort seien in der völlig überfluteten Stadt Obrenovac weitere Leichen geborgen worden, teilten die Rettungskräfte mit. Eine genaue Zahl nannten sie nicht. In den Hochwassergebieten Tschechiens und Polens entspannte sich die Lage.
Kritisch blieb es im Norden Bosniens, wo 10.000 Menschen aus ihren überfluteten Häusern in der Stadt Bijeljina gerettet werden sollten. Insgesamt sei mit 1,2 Millionen Einwohnern ein Drittel der Bevölkerung dieses armen Balkanlandes von den Überflutungen in Mitleidenschaft gezogen, berichteten dortige Medien. Besonders angespannt war die Lage in den Städten Doboj, Maglaj und Brcko. Im ganzen Land richteten Erdrutsche weitere schwere Verwüstungen an.
Dagegen konnte in der serbischen Stadt Sabac, wo am Vortag eine Katastrophe gedroht hatte, Entwarnung gegeben werden. „Sabac ist gerettet und es droht im Moment keine Gefahr“, sagte Generalstabschef Ljubisa Dikovic. Die Kreisstadt sei für einen Wasserstand des Save-Flusses bis zu 7,30 Metern gerüstet, während der Stand am Samstagmittag erst 6,30 Meter erreichte, so Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic.
Schlechte Organisation
Vucic bestätigte die Verhaftung von Geschäftsleuten, die die Notlage der Menschen ausgenutzt und die Preise für Mineralwasser und Lebensmittel um ein Vielfaches angehoben hätten. Zeitungen in Serbien schrieben am Samstag kritisch, dass die Meteorologen nicht rechtzeitig vor den Unwettern gewarnt hätten. Auf der anderen Seite kritisierten Freiwillige, die von der Regierung in Belgrad an die Brennpunkte geschickt worden waren, über die schlechte Organisation ihres Einsatzes.
Unterdessen entspannte sich die Lage an den Flüssen im Osten Tschechiens vorübergehend. Die Pegelstände gingen fast überall zurück, wie das nationale Amt für Meteorologie und Hydrologie in Prag mitteilte. Leichte Anstiege gab es nur an den Flüssen im Isergebirge. In fünf der sieben Verwaltungsregionen des Landes blieben die Einsatzkräfte in erhöhter Bereitschaft. Für die nächsten Tagen wurden weitere Niederschläge erwartet.
Auch in den südpolnischen Hochwassergebieten beruhigte sich die Situation an der Weichsel und ihren Zuflüssen leicht. „Die Lage stabilisiert sich“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr der polnischen Nachrichtenagentur PAP. In 34 Gemeinden herrschte aber weiterhin Hochwasseralarm. Am Samstag sollte die Weichsel in Krakau, der größten Stadt Südpolens, ihren höchsten Stand erreichen. Die Regenfälle dauerten unterdessen an.
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