Experten fordern Tierschutz-Siegel: Blauer Engel für Puten

Das Leben von Nutztieren soll verbessert werden – zur Not auch im nationalen Alleingang. Das fordert der Wissenschaftliche Beirat des Verbraucherschutzministeriums.

Der Verbraucher kann entscheiden, wie diese Pute leben soll. Sagen Experten und fordern ein "Tierfair"-Siegel. Bild: dapd

BERLIN taz | Mit einem Gütesiegel nach dem Vorbild des "Blauen Engels" könnten Verbraucher beim Einkauf bald über die Qualität der Haltung von Schweinen, Rindern, Hühnern oder Puten informiert werden. Das fordert zumindest der Wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMELV) in einer noch unveröffentlichten Stellungnahme für die Bundesregierung.

"Der Beirat sieht im Tierschutzlabel ein geeignetes Instrument, um die Tierschutzsituation in der Nutztierhaltung zu verbessern", heißt es im Gutachten. So werde den Verbraucherwünschen Rechnung getragen. Die Experten erwarten auch, dass Landwirte, die sich um eine möglichst gute Tierhaltung bemühen, im Wettbewerb gestärkt werden. Da eine europaweite Einführung eines Gütesiegels derzeit nicht absehbar ist, plädieren die Forscher für einen deutschen Alleingang beim Tierschutz.

Das Label soll freiwillig verliehen werden und mehrstufig sein – ähnlich wie die Sterne-Regelung in der Hotellerie: Je besser es dem Tier während der Aufzucht geht, desto höher darf sich der Produzent einstufen. Die Kriterien für eine artgerechte Haltung sollen streng wissenschaftlich festgelegt werden. "Eine Kennzeichnung soll die Verbraucher in die Lage versetzen, besonders tiergerecht erzeugte Produkte zu erkennen", erläutert der Beirat den Vorschlag.

Zwischen den Erwartungen der Verbraucher an eine tiergerechte Haltung und der Praxis in manchen Ställen klafft nach Einschätzung der Fachleute eine große Lücke. Von einem Kontrollsystem vom Stall über den Transport bis hin zum Schlachthof verspricht sich der Rat mehr Transparenz bezüglich des Tierschutzes.

Widerstand aus der Industrie erwartet

Die Widerstände gegen strengere Regulierungen sind groß, obwohl viele Verbraucher dies wünschen. "Gleichwohl stehen viele Vertreter aus Landwirtschaft, Lebensmittelhandel und -industrie dem Thema weiterhin reserviert bis ablehnend gegenüber", stellen die Experten fest. Gerade in der Union wehren sich Agrarpolitiker gegen höhere Ansprüche an die Tierhaltung.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will dagegen Standards durchsetzen, die Nutztieren unnötiges Leid erspart. Spätestens im Herbst sollen die Gesetze verschärft werden. Damit werden zum Beispiel Kastrationen von Ferkeln ohne Betäubung verboten. Die Ministerin setzt sich auch für ein EU-weites Gütesiegel für den Tierschutz ein. Ob sie die Forderungen nach einem deutschen Alleingang aufnimmt, ist dagegen noch offen.

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