: Exodus aus Monrovia
■ Hilfsorganisationen in Liberia sprechen von „absoluter Anarchie“
Monrovia (AP) – Die Massenflucht aus der liberianischen Hauptstadt Monrovia hat am Wochenende auch alle Mitarbeiter humanitärer Organisationen erfaßt. Rund 2.000 Menschen wurden allein am Wochenende evakuiert, ein Ende des organisierten Exodus war nicht abzusehen. Zwar ließen die Kämpfe nach der neuesten Waffenstillstandsvereinbarung weitgehend nach, doch Plünderungen und Gewalttaten nahmen noch zu.
Das Militär der USA flog am Wochenende mindestens 1.655 Menschen nach Sierra Leone aus. 150 Ausländer – darunter Mitarbeiter der UN – flüchteten mit einem gecharterten Schiff in das Nachbarland. Rund 70 Amerikaner blieben zunächst noch in Monrovia zurück, doch in Washington versicherte ein Regierungssprecher, die US-Armee werde Ausländer weiterhin evakuieren, auch wenn die letzten Bürger der Vereinigten Staaten das Land verlassen hätten. Dazu wird in einigen Tagen eine Flotte von Landungsschiffen der Marineinfanterie vor Monrovia erwartet. Am Samstag gelang es erstmals seit Ausbruch der neuen Kämpfe vor rund acht Tagen, Lebensmittel zu den rund 20.000 Menschen durchzubringen, die auf dem ausgedehnten Gelände der US-amerikanischen Botschaft kampieren. Ein von amerikanischen Soldaten gesicherter UN-Konvoi transportierte die Waren herbei.
Die Vereinten Nationen, das Rote Kreuz und andere Organisationen, wie die Ärzte ohne Grenzen, kündigten am Wochenende den Abzug praktisch aller Mitarbeiter aus Monrovia an, da die Lage dort unhaltbar geworden sei. Sie sprachen von „absoluter Anarchie“. Ein Sprecher des Roten Kreuzes, Rolin Wavre, sagte, es werde ständig geplündert; die durch die Stadt streifenden Banden stünden immer mehr unter dem Einfluß von Alkohol und Drogen.
Die Zahl der umherziehenden, völlig entwurzelten Menschen wurde auf 60.000 geschätzt. Wegen des Zustroms von Flüchtlingen lebt inzwischen fast die Hälfte der 2,6 Millionen Einwohner Liberias in Monrovia.
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