piwik no script img

Ex-Postchef kriegt BewährungsstrafeAlso doch Freiheit für Zumwinkel

Ex-Postchef Klaus Zumwinkel wird wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt - und muss eine Geldbuße von einer Million Euro zahlen.

Sieht Reue nicht irgendwie anders aus? Zumwinkel im Kreise seiner Anwälte. Bild: ap

Ex-Postchef Klaus Zumwinkel bleibt das Gefängnis erspart. Wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen hat die 12. große Strafkammer des Landgerichts Bochum den einstigen Topmanager am Montag zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zusätzlich muss Zumwinkel eine Geldstrafe von 800.000 Euro an die Staatskasse leisten. Weitere 200.000 Euro gehen an gemeinnützige Organisationen wie die Krebshilfe.

Die Wirtschaftsstrafkammer des Vorsitzenden Richters Wolfgang Mittrup blieb damit deutlich unter dem möglichen Höchstmaß von fünf Jahren Haft. Zumwinkel habe nicht aus taktischen Gründen gestanden, sondern das Gericht überzeugt, dass er die Steuerhinterziehung "wirklich bereut", sagte Mittrup. Allerdings habe der Bundesverdienstkreuzträger die Finanzbehörden "bewusst, akribisch, dauerhaft und mit krimineller Energie" getäuscht.

Zumwinkel hatte zuvor einräumen müssen, über seine bereits 1986 in der Steueroase Liechtenstein eingerichtete Family Foundation Devotion Steuern in Höhe von 3,9 Millionen Euro hinterzogen zu haben. Die von ihm bestimmten Stiftungsräte durften sich höchstens einmal im Jahr bei ihm melden, am Telefon sollten keinesfalls Namen genannt werden, stattdessen wurden Codewörter benutzt. Um Spuren zu verwischen, ließ sich der Ex-Postchef selbst von seinem Fahrer nicht in der Liechtensteinischen Hauptstadt Vaduz, sondern im Grenzort Feldkirch abholen.

Doch allen Verschleierungsbemühungen Zumwinkels zum Trotz forderte der Bochumer Oberstaatsanwalt Gerrit Gabriel in seinem Plädoyer lediglich eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung sowie eine Geldstrafe. Angeklagt wurde Zumwinkel nur wegen nicht gezahlter Steuern in Höhe von 967.815,96 Euro für die Jahre 2002 bis 2006. Weitere 3 Millionen, die er bis 2001 nicht gezahlt hatte, betrachteten Anklage und Gericht als verjährt.

Dafür würdigte Oberstaatsanwalt Gabriel umfassend die "beeindruckende Lebensleistung" des Angeklagten. Er vergaß dabei den 2003 vom Manager Magazin verliehenen Titel "Manager des Jahres" ebenso wenig wie die Bambi-Verleihung, auf der Zumwinkel geehrt wurde. "Ist der jetzt Staatsanwalt oder der Rechtsanwalt Zumwinkels", fragten sich die JournalistInnen.

"Überzeugend" habe die Anklage argumentiert, fand dagegen Zumwinkels Strafverteidiger Hanns Feigen. Sein Mandant habe seit seiner Verhaftung mit den Bochumer Staatsanwälten und der zuständigen Steuerfahndung Wuppertal "vollständig kooperiert". Das erinnerte an Gerüchte, die in Bochum seit Tagen zu hören waren: Milde gegen Reue soll ein Deal zwischen Verteidigung und Anklage gelautet haben. Zumwinkel müsse bei einem vollständigen Geständnis keine Haft fürchten.

Auch habe der ehemalige Topmanager bewusst darauf verzichtet, die gerichtliche Verwertbarkeit der Beweise der Ermittler infrage zu stellen, argumentierte Anwalt Feigen. Immerhin war Zumwinkel erst aufgeflogen, nachdem der Bundesnachrichtendienst BND für 5 Millionen Euro gestohlene Daten der liechtensteinischen Privatbank LGT gekauft hatte, von der die Stiftung des Exmanagers betreut wurde.

Wegen der Steuerhinterziehung wird Zumwinkel insgesamt knapp 5 Millionen Euro zahlen müssen. Ihm bleibt aber seine Pension - allein die Post zahlt ihrem Exvorstandsvorsitzenden 93.000 Euro im Monat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • MW
    matthias wulff

    mir bleibt echt die sprache weg - ich lese seit montag die verschiedensten artikel zum fall zumwinkel und besonders der kommentar am montag auf faz.net hat mich wuetend gemacht. die quintessenz des kommentars war: "Doch dass Zumwinkel weder in eine Gemeinschaftszelle mit Rauschgifthändlern gesperrt noch zum Freigang in den „offenen Vollzug“ geschickt wird, liegt daran, dass auch nach einem neuen Grundsatzurteil, in dem der Bundesgerichtshof strengere Strafen für Steuerhinterzieher verlangte, die Gesamtumstände des Einzelfalls zu würdigen sind. Und dazu gehört, dass Zumwinkel, anders als andere Manager, vor Gericht klipp und klar sein Unrecht eingestanden hat." (Zitat, FAZ-Kommentar, 26. Januar 2009). wharheit vor gericht hin oder her - entschuldigung, aber es geht um steuerhinterziehung, die vom chef der deutschen post betrieben wurde, einem ehemaligen staatlichen unternehmen! das ist absurd, 2jahre auf bewaehrung - ich bin wirklich sprachlos... hinzu kommt das interview mit zumwinkel, was man heute lesen kann - ebenfalls auf faz.net. da bekommt man noch mehr das wortwoertliche kotzen! wenn ich meine stromrechnung nicht ordentlich jeden monat bezahle, bekomme ich auch kein strom mehr - dieser werte herr zog seine steuern am fiskus vorbei, und bekommt keine gefaengnisstrafe, obwohl dies mehr als ein kavaliersdelikt ist?!? er spuert minimal seine konsequenzen - ich friere im winter, wenn ich meine stromrechnung nicht bezahle, was weit aus haerter ist bei diesen temperaturen und eine wirklich harte konsequenz.. sein ruf ist ruiniert, sein gesellschaftliches ansehen, BLABLABLA - das haette er sich vorher ueberlegen sollen und der achso tolle rechtsstaat haette wirklich mal ein exempel statuieren sollen!! ich fasse es echt nicht! mir ist wirklich zum kotzen!

  • JS
    Jens Schlegel

    "Sie wurden mit dem Messer in der Hand über der Leiche entdeckt, die Kamera hat aufgezeichnet, wie sie das Opfer von hinten erstochen haben. Wir haben die Briefe gefunden in denen Sie androhten das Opfer zu töten. Da Sie aber gestehen bekommen sie eine Bewährungsstrafe." --> Zumwinkel hat keinen umgebracht, klar. Aber sein Geständnis war zur Aufklärung absolut nicht notwendig. Brauche ich nur noch zu gestehen, wenn meine Verbrechen zu gut aufgeklärt werden? Soll die Tatsache, ob ein Gericht 2 Tage oder 2 Monate oder 2 Jahre tagt darüber entscheiden was (ge-)recht ist?

     

    Scheiße noch eins, ich verhalte mich ordentlich, bei meinem verdienst muss ich bestimmt länger sitzen.

  • E
    eurorudolf

    Ihren Kommentar hier eingebenBekanntlich darf ab einem juristisch relevanten Steuerschaden in Höhe von 1 Million Euro nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs keine Bewährungsstrafe mehr verhängt werden. Trotzdem gilt, daß auch bei geringeren Beträgen, insbesondere wenn sie wie im Falle Zumwinkel durch eine Justizpanne zustande gekommen sein sollten, Bewährungstrafen ausgeschlossen sein können. Da sollten alle anderen Umstände angemessen berücksichtigt werden, z.B. auch, dass der feine Herr der Post durch sein Engagement in Amerika Milliardenverluste beschert hat. Außerdem liegt der ihm anzulastende Steuerschaden doch bedenklich nahe an der Grenze von einer Million.

    Wenn von Justizpanne die Rede ist, stellt sich die Frage, ob es tatsächlich eine Panne war. Jedenfalls hat man nicht gehört, daß der Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen wurde. Ist es auszuschließen, daß die sog. Panne in Wirklichkeit ein raffiniertes Manöver war, um so eine Gefängnisstrafe für „einen der unseren“ zu umgehen?

    Mildernde Umstände gab es für sein Geständnis. Aber was hat er gestanden? Doch nur dass, was sich aus den Daten der in den Händen des Gerichts befindlichen CD längst bekannt war

  • RU
    rainer unsinn

    noch läuft ja ein anderes ermittlungsverfahren.

    wenn der zumwinkel da verurteilt wird siehts nicht so gut aus, er hat ja immerhin bewährung.

     

    aber da werden sich schon die richtigen paragraphen finden lassen, wär doch gelacht wenn wir einen Bundesverdienstkreuzträger einbuchten müßten.

     

    ist ja immer noch ein rechtsstaat.

  • HS
    Hartmut Slomski

    War ja auch nicht anders zu erwarten! Und sowas nennt sich Rechtsstaat! Ein Normalbürger wäre doch schon bei weniger als 100 Euro hinterzogener Steuern in den Knast gewandert! Die Justiz in diesem Staat ist doch durch und durch korrupt! Das ist ja echt zum Kotzen!

  • G
    Gleichmacher

    Hab ich das jetzt korrekt realisiert? Ein Megaeuro hat er geklaut, ein Megaeuro muss er bezahlen?

     

    Wow. Was 'ne Strafe.

  • U
    Udo

    Na, das Urteil war doch zu erwarten. Herr Zumwinkel hat bereut, gestanden usw.: "Größter Fehler meines Lebens", alles Krokodilstränen. Er ist ein Krimineller, der in großem Umfang Steuern hinterzogen hat, nichts anderes. Wäre diese CD nicht aufgetaucht, hätte Herr Z. nicht bereut und nicht gestanden sondern sich heimlich die Hände gerieben. Und die Justiz macht mit bei diesem Spiel. Wir haben nicht nur eine Zwei-Klassen-Medizin, sondern auch eine Zwei-Klassen-Justiz. Herrn Liebermann stimme ich zu.

  • TL
    taz leser

    Ich finde das Urteil OK. Zumwinkel hat eine großartige Lebensleistung vollbracht und unsere Post, die damals 2 Mrd. DM Verlust gemacht hat zu einem Welmarktführer gemacht. Das hat viele Jobs geschaffen. Mit dem Mindestlohn hat er zwar seine eigenen Interessen vertreten, aber vielen eine soziale Absicherung gegeben.

     

    Natürlich muss er für die Steuerhinterziehung bestraft werden. Ich sehe das eher als tragisch an. Er war schon reicht, als er Vorstand wurde. Diese Steuerhinterziehung hätte ihn nicht reicher oder ärmer gemacht. Sie war vollkommen schwachsinnig.

  • P
    PINKUS

    die strafe die der feine herr zahlen muss wird ihm im gegensatz zu den meisten bürgern des landes nicht weiter weh tun. wenn es stimmt, dass er eine monatliche pension von 90.000 euro erhält ist das strafmass mehr als lächerlich. ohne jetzt wieder den hartz4 empfänger aus der kiste zu holen, nur wo ist denn da die verhältnismäßigkeit geblieben???

    bin gespannt, wann & wo der feine herr demnächst wieder in amt und würden steht...

  • RB
    Rolf Brünsicke

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Ich glaube das Urteil geht in Ordnung. Eine Freiheitsstrafe hätte er ohnehin nicht voll absitzen müssen, dagegen, nachdem Schuld, Zinsen und Gebühren bezahlt sind, war eine saftige Geldstrafe wohl angemessener. Außerdem war das Gericht nicht monatelang mit dem Fall beschäftigt und hat Zeit für andere Dinge.

  • S
    Sonnenblume

    Der Richter legte Wert darauf, dass es im Vorfeld keine 'Absprachen', sondern lediglich 'Vorgespräche' gab. Muß er sagen, um den Schein des sogen. Rechtsstaates zu wahren. Zumwinkel kann es egal sein; solange das Urteil den Absprachen...äh, Vorgesprächen, entspricht. Und wir alle kannten mindestens 8 Tage lang auch schon dieses Urteil. Dann könnte man sich die Farce 'Gerichtsprozeß' doch gleich sparen. Aber, naja, der Schein eben, dass vor Gericht doch alle gleich seien.

  • ML
    Max Liebermann

    "Ach, wissen Se, ick kann jar nich soville fressen, wie ich kotzen möchte"