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Ex-Kanzler Schröder distanziert sich„Nichts ist gut in Afghanistan“

Gerhard Schröder führte Deutschland in den Krieg am Hindukusch, nun blickt er kritisch auf die Lage dort. Und sagt den Satz, mit dem einst Margot Käßmann für Aufregung sorgte.

Schaut heute kritisch auf Afghanistan: Exkanzler Gerhard Schröder. Bild: reuters

BERLIN taz | Im elften Jahr des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan distanziert sich Exbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vom Krieg am Hindukusch. „Es ist nichts gut in Afghanistan“, sagt Schröder in einem autorisierten Interview, das er für eine am Samstag erscheinende Biografie über den früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, gegeben hat.

Der Exkanzler, der 2001 im Namen der rot-grünen Bundesregierung den Entschluss zum Einsatz gefällt hatte, bezieht sich auf eine umstrittene Aussage der kurzzeitigen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann. Sie hatte zum Jahreswechsel 2009/2010 in einer Predigt gesagt, nichts sei gut in Afghanistan – und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Schröder sagt nun in dem Buch: „Dieser Satz von Frau Käßmann ist so banal wie richtig.“

Gerhard Schröder hat in den vergangenen Jahren den Bundeswehreinsatz in Afghanistan stets verteidigt. So sagte er etwa im September 2011 den Ruhr Nachrichten: „Es war eine notwendige Entscheidung. Ich würde das auch aus heutiger Sicht nicht anders beurteilen.“ Allerdings mahnte er zugleich eine Abzugsperspektive für die deutschen Soldaten an. Ihr Einsatz unter Nato-Kommando begann Anfang 2002.

In dem Buch über Wolfgang Huber stellt Schröder auf die Nachfrage, ob sich sein „Nichts-ist-gut“-Satz auch auf den Bundeswehreinsatz beziehe, klar: „Gut meint ja, dass alle Ziele erreicht worden sind, die sind natürlich nicht erreicht worden. Im Übrigen stellt sich angesichts der Tatsache, dass sie auch nicht erreicht werden, ernsthaft die Frage, ob es nicht Sinn macht, zu sagen: Wir können sie nicht erreichen.“

Die Frauenrechte

Mit Blick auf Afghanistan sagt er, er habe nie daran geglaubt, „dass man dort eine Westminster-Demokratie wird errichten können“. Jedoch: „Was aber verteidigt worden ist oder wo sich Veränderungen ergeben haben, waren Dinge, die man nicht kleinreden darf: Ob Frauen mehr Rechte haben in einem Land oder nicht, ist ganz wichtig. Das sollte auch Frau Käßmann ganz wichtig sein.“ Ähnlich gelassen sieht den Satz Käßmanns im Nachhinein auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der für das Buch ebenfalls interviewt wurde.

„Bei allem Respekt: Ich habe auch die Aufregung über die Äußerung von Frau Käßmann, nichts sei gut in Afghanistan, nicht nachvollziehen können“, sagt der CDU-Politiker dort. Anfang 2010 gehörte Schäuble noch zu den Spitzenpolitikern, die Käßmann vorwarfen, den Kontext des Afghanistan-Einsatzes nicht zu verstehen.

Zurückhaltend kommentiert der Minister auch die langsame Distanzierung Hubers vom Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Schäuble sagt: „Bei einem, der für die Kirche Verantwortung trägt, hätte man schon Mühe, eine andere Position zu erwarten.“

Der Autor dieses Textes ist auch der Autor der oben genannten Biographie: „Wolfgang Huber. Ein Leben für Protestantismus und Politik“ von Philipp Gessler. Kreuz Verlag, Freiburg 2012, 280 Seiten, 19,90 Euro

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23 Kommentare

 / 
  • P
    Phaeno

    Zur Einführung einer "Westminsterdemokratie" (was immer das sein soll) oder ein paar wenige (denn es wurden ausdrücklich nur sehr, sehr wenige Frauenrechte eingeführt) Frauenrechte glaubt dieser asoziale Antidemokrat den Überfall auf ein fernes Land und Massenbombardements rechtfertigen zu können?

    Den Verstoss gegen die Verfassung unseres Staates nimmt er darüber hinaus gleich auch mal so mit in Kauf?

    Was für ein Verbrecher.

  • KK
    Karl K

    Lieber Herr Gessler,

     

    schon erstaunlich, was bei Ihnen alles unter das Unwort

    Netiquette fällt;

     

    erheiternd aber, daß alles das in den übrigen Kommentaren

    ebenso drastisch auftaucht.

    Abgesehen mal davon, inwieweit man einem Charakterfreien ( Küppersbusch) wie

    Gerhard Schröder bei seiner ungebrochen laufenden Agenda überhaupt zu nahe

    treten kann.

  • R
    RudiRatlos

    Ist es nicht etwas sehr peinlich für unsere einst führenden elitären Politiker? Erst betrachten sie Politik als ihre Spielwiese und treffen die fragwürdigsten Entscheidungen, um viele Jahre später ihren Irrtum zu erkennen. Das gilt für Herrn Schröder genauso zu wie für Herrn Waigel, der jetzt erklärte, dass Griechenland seinerzeit nicht in den Euro gedurft hätte. Ich halte mich ja nun nicht unbedingt für intelligenter als die meisten, aber das war vorhersehbar. Nur die, die den Kopf hinhalten müssen sind immer die anderen.

  • R
    Robert

    Auch angesichts der Kommentare:

    "Langeweile wäre mal ein Thema!" Hagen Rehter

     

    Alles, alles war vorhersehbar. Alles! Die Totalniederlage wird nun, wie zu erwarten, schön geredet. Keiner will sich mehr an die Anfänge erinnern. Keiner. Keiner hat irgendwas gewußt, obwohl alles, alles vorhersehbar war. Zerstörte Länder, zerstörte Städte und Gemeinden, zerstörte Menschen, zerstörte Seelen... Wofür???? Wer hat an diesen Scheißkriegen "verdient"? Wie heißen die Gewinner?

     

    Mittlerweile bringen sich mehr US-Soldaten selbst um, als im "Kampf fallen". Wann, wann fangen Politiker mal an mit dem Nachdenken? Besser wäre natürlich mit dem Vordenken. Alles, alles war vorhersehbar.

     

    Und Schröder sollte wenigstens das Maul halten. Es wäre für seine Verhältnisse eine Leistung.

     

    Nochmal Rehter:"Stellen wir uns vor, Amerika (USA) wäre ein christliches Land!" Und hätte statt Rache zu betreiben, damals NICHTS unternommen. NICHTS! Was wäre geschehen?

     

    Die Bush-Regierung gehört vor ein internationales Gericht. Das und nur das ist die Wahrheit. Und all die Sympathisanten gleich mit. Der Tod nicht eines einzigen Afghanischen Kindes ist hinzunehmen für diesen Größen- und Gewaltwahn der Amis und der arroganten westlichen Welt.

     

    Aber dann ist da immer noch die westliche Gehirnwäsche....

  • PS
    parteileiloser Sozi

    Schröder würde noch besser formuulieren, sagte er:

     

    Nichts ist und war gut, was ich angefangen habe!

     

    Wer Putin stützt, für den muss man sich schämen, ihn als Kanzler gehabt zu haben. Ich hielt schon als Juso nix von ihm, wegen ihm verließ ich die SPD, doch nicht in Richtung RECHTS. Leider ist die Linke z. Zt. auch keine überzeugende Alternative.

  • K
    KlausK

    Nichts ist gut in Afghanistan.

    Dafür jede Menge in Putins Reich?

     

    Ehrlich: Ich habe den Beitrag gar nicht gelesen, weil Schröders Meinung doch wahrscheinlich niemanden mehr interessiert.

  • H
    Happes

    Man kann ja über Joschka Fischer denken oder sagen was man will, aber: Er hat seinen Umstieg von "Politiker" zu "Kohle einsacken für gar nix" eleganter und letztlich sogar ehrlicher hingekriegt, und er versucht vor allem gar nicht erst, so zu tun, als ob ihn sein Geschwätz von vorgestern noch interessiert. Man fragt sich mittlerweile, was Schröder mit seinem geistlosen Gelaber noch werden will. FDP-Vorsitzender vielleicht? Das ist doch schon der Superspezialdemokrat Clement, oder hab ich da was verpasst?

  • K
    Kaceyn

    Re Trash

     

    Haben Sie da nicht eine Kleinigkeit vergessen? Nämlich dass der Afghanistan-Krieg deutlich vor dem Irak-Krieg begann?

     

    Egal - wozu braucht man Fakten, wenn man polemisieren kann!

  • T
    Trash

    Blah, Blah, - Schröder!- Den Irak-Krieg musste Schröder ablehnen um die Wahlen zu gewinnen. Den Afghanistan-Krieg konnte er nicht auch noch ablehnen um den Amerikaner nicht zu verprellen. Und Merkel wäre ihm zum zweiten Male bei Bush in den Rücken gefallen. Das war eine Entscheidung, die nichts mit Überzeugung zu tun hatte, sondern mit klein beigeben. Und die Schröder-Gang, inklusive Grüne, sind ja mit ihm durch dick und dünn gegangen. Vielleicht, weil er ja angeblich Deutschland mit einer Hand in der Tasche regieren konnte. Was dabei herauskam-, ist bekannt.

  • V
    vjr

    Also, auch Schrödi gibt zu, dass er Sch..., eh... Bockmist, gebaut hat... mit dem Krieg. Wowi ist auch fast so weit... mit dem Zugeben.

    Doch was sools, Pfründen haben sie, ihre Früchte behalten sie, Verantwortung die sie "rechtfertigt" hatten sie keine, haben sie keine.

    Ach, die möchte man sooo knuddeln, all die "Verantwortungs-, eh... Pfründen-Träger. Von Rechts, über Mitte nach Links.

    Wie lange noch?

  • RE
    Rudolf Eglhofer

    Den Bundesgerd zu irgendeinem Thema zu befragen ist sicherlich amüsant aber es kommt doch immer etwas extrem peinliches dabei raus.

    Bitte, bitte Gerd, halt endlich die Klappe. Keiner will Deine unmaßgebliche Meinung noch hören oder Deine penetranten Belehrungen über sich ergehen lassen müssen.

    Wenn ich an die Jahre der rot-grünen Koalition zurück denke schäme ich mich, von solchen Leuten regiert worden zu sein.

  • A
    anke

    Früher wollte man Schwerter zu Pflugschaaren machen. Heute macht man lieber Heißluft zu Büchern.

  • JG
    Jürgen Gojny

    Der Gasmann Schröder sollte scharf aufpassen, daß er nicht zwangsrekrutiert in einem Landesschützenbataillon nach Afghanistan geschickt wird. Und Schröder-Köpf zur Truppenbetreuung gleich mit.

  • WB
    Wolfgang Banse

    EX Landesbischöfin und EKD Ratsvorsitzende Professor Dr. Margot Käßmann erhält Rückendeckung

    Ein Satz machte Fuore und machte von sich reden und brachte Aufregung im politischen Geschäft."Es ist nicht alle gut in Afghanistan" am Neujahrstag in Dresden und in der renomierten Oberpfarr-und Domkirche zu Berlin gesprochen,von der damaligen Ex Ratsvositzenden Käßmann.Jetzt erhält sie Rückendeckung vom ehemaligen Ministerpräsidenten,Parteivositzenden und Bundeskanzler Gerhard Schröder,der diesen Satz jetzt aus politischen Munde wiederholt.

    Nein es ist nicht alles gut in Afghanistan,was Menschen,die dort leben an Leib und Seele erfahren.

    Worten müssen Taten folgen,was die Beendigung der dortigen Situation anbetrifft.

  • W
    Weinberg

    Dem "Sozialdemokraten" Schröder soll man glauben?

  • K
    klausgg

    Na endlich. "Gas-Gerd" sagt wo's lang geht!

     

    Hätt' ich nicht gedacht, daß das da unten am Hindukusch,

    wo doch Deutschland verteidigt wird, das so übel aussieht.

     

    Und wenn er noch zu der Einsicht kommt, dass diese

    Agenda ..., die ebenso auf seinem SPD-Grünen Mist gewachsen ist, ebenfalls auf diesen Misthaufen gehört,

    denke ich gar nicht nicht mehr so übel über ihn..

     

    klausgg

  • C
    cawi

    Sicher ist vieles nicht gut in Afghanistan. Aber Schröder als Moralapostel und andererseits auf Putins Schoß - das passt auch nicht.

     

    Adieu, Herr Schröder. Mir brauchen Sie nichts mehr erklären.

  • WR
    Weiße Rose

    Da wird sich wohl nie etwas ändern. Miese Typen, mit knackigen narzisstischen Persönlichkeitsstörungen, wie Schröder, Fischer u.v.a. schicken unsere Soldaten in den sinnlosen Tod und riskieren beim Ausdrücken ihrer Havanna im Aschenbecher nicht das kleinste Brandbläschen...

  • M
    marie

    vor einem krieg in afganistan haben wissenschaftler gewarnt."der krieg sie nicht zu gewinnen,das land zu groß und unüberschaubar,es werde ein zweites vietnam usw." schröder ist unbelehrbar,wenn er noch heute behauptet,daß er wieder mitmachen würde. man kann einem land nicht demokratie aufpfropfen ohne grundlegende voraussetzungen. aber das will und kann er wohl nicht verstehn,dazu müßte er sich intensiv mit landes und völkerkunde beschäftigen,aber da reicht seine zeit nicht zu,er hat andere interessen. ab und zu taucht er auf,um für kurze zeit im mittelpunkt zu stehn.

  • M
    marc

    Hat nicht auch Gauck den Satz von Käßmann kritisiert? Der "Kirchenmann" Gauck hat da sicher eine dezidiert andere Meinung als die Kirchenfrau K.

    Wenn man die Zitate von Gauck seit seiner Amtseinführung sammelt, ergibt sich ein Bild. Es ist nicht überraschend dass es dasselbe Bild ist das man auch schon vorher von ihm zeichnen konnte, wenn man seine Verlautbarungen sichtete. So weit zum Thema Querdenker und freier, mit Überraschungen aufwartender, Kopf.

    "Islam gehört nicht zu Deutschland", "Afghanistan-Einsatz Ausdruck wehrhafter Werteverteidigung", und nebenbei: "Solarförderung/ Planwirtschaft". Scheint nicht hierher zu gehören.Tut es aber doch. Denn des BuPrä Meinung hat enormes politisches Gewicht, und dieser hat viele, entschlossene Fans. Und wenn sich jetzt rausstellt dass er einfach sein engstirniges, früher hätte man gesagt spießiges, konservativ-neoliberales, Programm abspult die nächsten Jahre, dann ist das auch für Themen wie Afghanistan ein politisches Problem.

  • R
    reblek

    "Dieser Satz von Frau Käßmann ist so banal wie richtig." - "Banal" ist ausschließlich Schröder, aber er ist nicht richtig, sondern falsch. Warum darf einer, der von Verbrechern bezahlt wird und selbst an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg beteiligt war, in einer kirchlichen Publikation Mist erzählen? Und warum transportiert die taz diesen Mist auch noch?

  • B
    Bonner

    Es ist schon erstaunlich, dass die Meinung eines Menschen, der oft genug gezeigt hat wie falsch seine Einschätzungen sind, nach seiner Meinung zu einer aktuellen Situation befragt. Man denke nur, an Putin als Demokrat*) oder auch seine Chancen der Wiederwahl nach dem Misstrauensvotum.

     

    *) Mir fällt das Adjektiv nicht mehr ein, war es nicht "blütenrein"?

  • V
    vic

    Nichts ist gut daran, eine falsche und fatale Entscheidung nach 11 Jahren zu revidieren.