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Europafremder Kulturraum

Beim Asia-Europa-Meeting (Asem) in Bangkok sollen Menschenrechte und Mindeststandards für Arbeitnehmer keine Rolle spielen  ■ Aus Brüssel Christian Rath

Fühlt sich Europa Wirtschaft von der asiatischen Wirtschaftsdynamik bedroht? Oder ist der asiatische Markt eher eine verlockende Stimulanz für das träge gewordene Europa? Mit derartig gemischten Gefühlen werden die Staats- und Regierungschefs der fünfzehn EU- Staaten am kommenden Wochenende zum ersten EU-Asien-Gipfel nach Bangkok reisen. Ihre freundlich lächelnden Gesprächspartner werden die Amtskollegen Japans, Chinas, Südkoreas und der sieben Asean-Staaten sein.

Europa ist schon lange nicht mehr der Nabel der Welt. Daran hat man sich nach dem Aufstieg der USA zur vorherrschenden westlichen Großmacht gewöhnt. Doch die USA waren Bündnispartner, und man wußte, was in ihren Köpfen vorging. Umso irritierender scheint für europäische PolitikerInnen und KapitalistInnen der Aufstieg des pazifischen Raums zur dynamischsten Wachstumszone der Welt zu sein. Jährliche Steigerungsraten von sechs bis zwölf Prozent sind dort derzeit die Regel.

Jedoch existieren in diese Region nur wenige kulturelle Bindungen, und auch geographisch ist Europa weit ab vom Schuß. Darf sich die EU bald nur noch um die ökonomischen „Sozialfälle“ in Osteuropa und im Mittelmeerraum kümmern, sorgen sich europäische Regierungen, während die USA in Asien bereits an einer pazifischen Freihandelszone basteln. Immerhin hat die asiatisch-pazifische Wirtschaftskonferenz Opec im November 1994 den Übergang zum Freihandel bis zum Jahre 2020 (für Industriestaaten: 2010) in Angriff genommen.

Mit den Asean-Staaten (Indonesien, Thailand, Singapur, Malaysia, Phillipinen, Brunei und seit neuestem auch Vietnam) bestehen schon seit zehn Jahren engere Beziehungen. Im Rahmen einer deutschen EU-Präsidentschaft hatte der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher halbjährliche Treffen von EU- und Asean- Außenministern institutionalisiert. Der Ertrag war allerdings bescheiden. Die europäischen Investitionen in Asien bleiben gering. Nach OECD-Angaben tragen die EuropäerInnen nur ein Prozent zu den ausländischen Investitionen in Asien bei.

Das finden auch die AsiatInnen „erstaunlich niedrig“, wie es in einem Positionspapier der zehn asiatischen Gipfelländer heißt. Da in den kommenden zehn Jahren allein für Infrastrukturvorhaben 150 Milliarden Dollar benötigt werden, sind Investitionen aus dem alten Kontinent durchaus erwünscht. Schließlich will sich Asien auch nicht allzusehr in Abhängigkeit von den USA und ihren Multis begeben.

Die Initiative zum anstehenden Asem-Gipfel (Asia-Europe Meeting) ging denn auch von Singapur aus, das als Neuerung gegenüber den bisherigen Treffen die Teilnahme von Japan, China und Südkorea vorschlug. Während sich die bisherigen EU-Asean-Treffen auf Ministerebene bewegten, sollen sich in Bangkok gleich die Regierungschefs kennenlernen. Eine formelle Tagesordnung wird es dabei nicht geben, man will „frei und offen“ miteinander sprechen.

Ganz so ungezwungen dürften die Gespräche allerdings nicht verlaufen. Es wird erwartet, daß der frisch gewählte sozialistische Premierminister Portugals, Antonio Guterres, das indonesische Verhalten im besetzten Osttimor, einer ehemaligen portugiesischen Kolonie, ansprechen wird. Daß dies zu einem „Mißerfolg“ des Asem-Gipfels führen könnte, hat deshalb der indonesische Außenminister Ali Alatas angedroht. „Irrelevante und kontroverse Themen“ sollten beim Gipfel nicht angesprochen werden.

Eine andere potentielle Streitfrage wurde dagegen im Vorfeld bereits entschärft. Die EU will eventuelle Handelsverträge im Asem-Rahmen nicht mit „Sozialklauseln“ verbinden. Der internationale Dachverband der freien Gewerkschaften hatte die EU wiederholt aufgefordert, Verträge nur unter drei Bedingungen zu unterzeichnen. Es müßten Mindeststandards für Arbeitsbedingungen festgelegt, Kinderarbeit verboten und freie Gewerkschaftstätigkeit garantiert werden. Doch EU-Handelskommissar Sir Leon Brittan hat der vor allem in Frankreich populären Forderung eine klare Absage erteilt. Bei der Vorstellung einer gemeinsamen EU-Handelsstrategie in der vorigen Woche stellt er klar: „Die EU will der Welt kein soziales Diktat auferlegen.“

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