Europäische Polizeibehörde: Erstmals eine Frau an der Spitze
Europol gilt als Männerbastion. Im Exekutivkomitee der Behörde war Catherine De Bolle bisher die einzige Frau. Nun wurde sie zur Chefin gewählt.
In der Rolle der Pionierin kennt Catherine De Bolle sich aus: 2012 bekam sie, ebenfalls als erste Frau, die Leitung über die föderale Polizei Belgiens. Nie zuvor hatte eine so junge Person dieses Amt inne. Zuvor war sie Polizeidirektorin in ihrer Heimatstadt. „Vor fünf Jahren regelte sie noch den Verkehr in Ninove“, bemerkte die Tageszeitung Het Nieuwsblad. Eine steile Karriere, vor allem, wenn man bedenkt, dass die künftige Europol-Chefin sich 2015 in einem Interview als Anhängerin „kleiner Schritte“ zeigte. Damit, sagte sie, ließe sich die Welt verändern.
Ihre eigenen führten sie vor zwei Jahren auch ins Exekutivkomitee von Interpol. Noch ein Gremium, wo De Bolle als einzige Frau vertreten ist. Sie ist sich dieser Position deutlich bewusst: „Wenn ich etwas sage, was nicht besonders beliebt ist, bleibt es länger im Gedächtnis“, sagte sie einmal. Nach ihrer Wahl an die Europol-Spitze äußerte sie dementsprechend nicht nur Freude und Stolz: „Dies ist ein Zeichen für alle Frauen, dass noch viel möglich ist.“
Als sie die Leitung der belgischen Polizei übernahm, zeigten sich alte Wegbegleiterinnen überrascht. Die jüngere Schwester sagte zu belgischen Medien, Catherine sei „immer sanft“ und „ein echtes Mädchen gewesen“. Laut einer Schulfreundin war sie „zu lieb“, um Polizistin zu werden. So falsch kann frau also liegen!
Heute ist eines von Catherine De Bolles Mottos: „Langweile mich nicht mit Problemen, sondern überrasche mich mit Lösungen.“ Hobbys hat sie nach eigenen Angaben seit zwanzig Jahren nicht mehr. Ihren Mann und die drei Söhne sah sie in den letzten Jahren bereits fast nur noch am Wochenende.
Weil De Bolle nur 1,64 Meter misst, wurde ihre erste Bewerbung abgelehnt, als sie zur damaligen belgischen Gendarmerie wollte. Stattdessen studierte sie Jura, um im zweiten Versuch doch noch eine Offiziersausbildung an einer Gendarmerie-Schule zu machen. Später sagte sie dann: „Ich habe mehr als einen Job, ich habe eine Mission. Ich will, dass die Belgier der Polizei vertrauen können.“
Letzteres ist ein ziemlich großes Vorhaben: Dank diverser Ermittlungspannen wie zuletzt im Rahmen islamistischer Anschläge hätte Catherine De Bolle in Belgien noch einiges zu tun gehabt. Nun geht sie für mindestens vier Jahre nach Den Haag. Ihr Motto, ihre Erfahrung und Expertise in den Dienst der Bevölkerung und ihrer Sicherheit zu stellen nimmt sie mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative