Europäische Kommission: Oetting-air provoziert schon wieder
Jean-Claude Juncker hat den CDU-Politiker Günther Oettinger ohne öffentliche Anhörung zum Budgetkommissar ernannt. Das gibt Ärger.
Was ist da los? Das muss Oettinger am Montagabend in einer gemeinsamen Sitzung des Haushaltsausschusses, des Haushaltskontrollausschusses und des Ausschusses für Rechtsfragen im EU-Parlament in Brüssel klären. Ärger ist programmiert. Denn viele Abgeordnete sind empört, dass Oettinger schon jetzt als Budgetchef firmiert.
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte den umstrittenen Deutschen bereits am 1. Januar in das neue Amt gehievt, ohne die öffentliche Anhörung abzuwarten. „Eine Provokation“, schimpft der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. „Das grenzt an Missachtung des Parlaments“, kritisiert auch Jens Geier von der SPD.
Nur die CDU schweigt – und nickt. Denn sie war es, die „ihren“ Kommissar ins Rennen schickte, als die bisherige Budgetkommissarin Kristalina Georgiewa zur Weltbank wechselte. Einige EU-Insider vermuten sogar den langen Arm von Kanzlerin Angela Merkel hinter Oettingers Aufstieg. Als Digitalkommissar hat er wenig bewirkt, beim Budget sitzt er an einem wichtigen Schalthebel.
Hat er die nötigen Qualifikationen?
Denn bald steht die Revision des EU-Haushalts an. Und da will Merkel einiges ändern – mehr Geld für Flüchtlinge und für Sicherheit, weniger für Agrar und Solidarität. Oettinger dürfte dafür sorgen, dass die EU-Kommission die passenden Vorschläge macht. Allerdings ist noch immer umstritten, ob er überhaupt die nötigen Qualifikationen mitbringt.
„Herr Oettinger wird seine Eignung unter Beweis stellen müssen“, sagt SPD-Mann Geier. Beim Budget dürfe er nicht „Einzelinteressen der Mitgliedstaaten“ nachgeben. Noch drastischer wird Giegold. „Nun ist noch mehr Dampf im Kessel als ohnehin schon nach seiner ‚Schlitzaugen‘-Rede und seinem Lobbyflug zu Victor Orbán.“
Giegold spielt damit auf die letzten Skandale des CDU-Politikers an. Oettinger war im Privatjet eines Russland-Lobbyisten zu Orbán geflogen, und er hatte sich über Chinesen und Homosexuelle lustig gemacht. Seither heißt er auch „Oetting-air“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen