: Europa und seine „Patridioten“
Isoliert, von den Medien umschwärmt und von Dolmetschern mißverstanden: die Rechtsradikalen in der ersten EP-Woche ■ Aus Straßburg Th. Scheuer
Ein Wiederaufleben des historischen Faschismus drohe Europa nicht, jedoch sei eine Zunahme fremdenfeindlicher und rassistischer Tendenzen unübersehbar. So das Fazit eines Untersuchungsausschusses zu Faschismus und Rassismus in Europa, den das Europäische Parlament vor fünf Jahren einberufen hatte. Diese Woche bestätigte ein Blick auf die Ränge des soeben gewählten Parlaments bestätigte die eigene Prognose: Um sechs Republikaner aus der BRD und einen flämischen Rechtsextremen ist der braune Block in Straßburg angewachsen.
17 Abgeordnete zählt nun die technische Fraktion der „Europäischen Rechten“ unter Führung Le Pens. Als Reaktion auf den Einzug der Republikaner fordert die sozialistische Fraktion nun erneut die Einsetzung eines „Untersuchungsausschusses über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Europa“. Ihr neuer Fraktionschef Jean-Pierre Cot, hat bereits einen formellen Antrag gestellt. Da die Sozis als stärkste Fraktion alleine schon über die notwendigen 130 Stimmen verfügen, gilt die Einberufung des Ausschusses als sicher.
Das Gremium soll die Arbeit seines Vorgängers aufgreifen und weiterschreiben. Nach einer Serie von Experten-Hearings dürfte der Bericht im Frühjahr nächsten Jahres vor das Straßburger Parlament kommen.
Im Parlament selbst sind die Rechtsextremen bisher isoliert, werden von den anderen Fraktionen weitgehend ignoriert. Eines umso regeren Interesses erfreut sich das Gespann Schönhuber-Le Pen seitens mancher Presseorgane. Vom „Stern“ wandeln nur zwei Reporter auf den braunen Spuren, „Bild am Sonntag“ dagegen jagte gleich den Chefredakteur höchstpersönlich nach Straßburg. Ständig umlungern Pressefotografen den Fraktionsraum der Rechten.
Am heftigsten aber klatschten die Blitzlichter, als der deutsche Ex-Waffen-SS-Mann dem französischen Ex-Algerien -Legionär auf einer gemeinsamen Pressekonferenz anhaltend die Rechte drückte. „Meinen Partner und meinen Freund“ nennt Schönhuber den Nationalfrontisten mittlerweile, „ich wiederhole es noch mal: Meinen Freund.“ In seiner ersten siebenminütigen Rede vor der Straßburger Ausländer-Runde gab sich Schönhuber ganz schwarz-rot-golden: Die EG -Hilfslieferungen an Polen müßten unbedingt an Zugeständnisse für die dortige deutsche Minderheit gekoppelt sein. „Wir wollen genau wissen, wohin das Geld geht,“ meinte der Oberrepublikaner und übersah im Eifer, daß es bei den EG -Hilfen für Polen gar nicht um Cash, sondern um Interventionsbestände an Getreide, Butter und Olivenöl geht. „Die nationalen Belange der Deutschen“ will der Bayer in dem transnationalen Gremium vertreten. Ob er sich deswegen von seiner Fraktion ausgerechnet für den Straßburger Menschenrechtsausschuß wnominieren ließ?
Nach Zwischenrufen stellte Schönhuber klar: „Ich bin kein Nazi, sondern ein deutscher und europäischer Patriot“. Noch am Freitag hielt sich in den Gängen des Parlaments hartnäckig das Gerücht, in einer der neun Übersetzungen sei das letzte Wort zumindest grammatikalisch falsch wiedergegeen worden. Es habe deutlich „Patridiot“ geheißen.
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