Europa und der Krieg in Tschetschenien: Zahnlose Kritik
■ Die Vorwürfe gegen Russland werden lauter. Konsequenzen hat das noch nicht
Beim EU-Gipfel stehen Beschlüsse zur Festigung der europäischen Verteidigungsidentität ganz oben auf der Tagesordnung. Als Lehre aus dem Balkan-Desaster wollen die 15 Mitgliedsstaaten künftig außenpolitisch mit einer Stimme sprechen. Trotz dieser guten Vorsätze bleiben offizielle Stellungnahmen zum Krieg in Tschetschenien widersprüchlich und vage.
Während der französische Außenminister Hubert Vedrine drohte, die Zusammenarbeit zwischen EU und Russland aufzukündigen, wich Kommissionspräsident Romano Prodi Fragen zu Tschetschenien aus. Es sei weder geplant, das Forschungsabkommen mit Russland aufzuschieben, noch EU-Mittel einzufrieren. Am Montag hatte Nato-Generalsekretär Robertson die Angriffe sogar verteidigt. Er sagte, Moskau habe nach den Geiselnahmen der vergangenen Zeit „keine andere Möglichkeit gehabt, als die Ordnung wiederherzustellen“.
Außenminister Fischer nannte das russische Ultimatum, wonach alle Einwohner Grosny zu verlassen hätten, einen „Akt der Barbarei“. In Berliner Regierungskreisen hieß es, man sehe nicht, wie in dieser Lage Geld nach Russland fließen könne. Eine Sprecherin des französischen Präsidenten Jacques Chirac kündigte an, in Helsinki komme Tschetschenien nun doch auf die Tagesordnung. Schritte gegen Russland könnten nicht mehr ausgeschlossen werden. Daniela Weingärtner
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