Europa-Wahlkampf: Die weichgespülte Strategie der CDU
Mit einer moderaten Kampagne zur Europawahl grenzt sich Merkels CDU von der CSU ab. Die Bayern appellieren an antieuropäische Instinkte in der Wählerschaft.
BERLIN taz Wer es bislang nicht recht glauben wollte, kann sich von der weichgespülten Wahlkampfstrategie der Kanzlerinnenpartei jetzt erstmals ein plastisches Bild machen. Fünf Monate vor der Bundestagswahl präsentierte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am Mittwoch erste Plakatmotive für die Europawahl am 7. Juni.
"Wir in Europa", lautet das auf allen Plakaten wiederkehrende Leitmotiv, mit dem Europa in geringfügigen Variationen als Antwort auf die Gefahren von Globalisierung und Wirtschaftskrise angepriesen wird. "Für eine soziale Marktwirtschaft, die menschlich ist", heißt es unter anderem - was offenbar die Distanz zur zwischenzeitlich propagierten "neuen" sozialen Marktwirtschaft deutlich machen soll. Einziges Zugeständnis an die schwindende konservative Kernwählerschaft ist die schwarz-rot-goldene Fahne, mit der auf allen Plakaten das Wörtchen "Wir" unterlegt ist.
Die freundliche Botschaft steht in scharfem Gegensatz zur Kampagne der CSU, die im Juni mit der Fünfprozenthürde kämpft und deshalb an antieuropäische Instinkte in der Wählerschaft appelliert. Auf einer Vorstandsklausur vor zwei Wochen haben die Bayern ein eigenes Wahlprogramm beschlossen. Es enthält unter anderem die auch innerparteilich umstrittene Forderung, vor der Aufnahme neuer EU-Mitglieder Volksabstimmungen in Deutschland abzuhalten.
Zum Streit um die Plebisziste sagte Pofalla am Mittwoch, da die CDU eine Vollmitgliedschaft der Türkei ebenfalls nicht wolle, erübrige sich die CSU-Forderung nach einer Volksabstimmung über dieses Thema ohnehin. "Es ist nicht meine Aufgabe, eine Schwesterpartei von irgend etwas abzubringen", fügte Pofalla hinzu. Die Zusammenarbeit mit der CSU bei der Vorbereitung des Europawahlkampfs bezeichnete er als "sehr professionell".
Das CDU-Präsidium hat bereits vor vier Wochen ohne lange Diskussion ein Europaprogramm beschlossen, das kontroverse Töne nach Möglichkeit vermeidet. Einen antieuropäischen Wahlkampf kann eine Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende ohnehin nicht führen, die ihre Populärität vor allem auf wohl inszenierte Auftritte bei europäischen Gipfeltreffen stützt.
Merkel selbst wird allerdings erst in einer späteren Phase des Wahlsommers auf Plakaten erscheinen. "Lassen Sie sich überraschen", sagte Pofalla auf entsprechende Nachfragen. "Wir werden diese ausgezeichnete Kampagne noch steigern." Für die Wahlentscheidung im September setzen die Parteistrategen darauf, dass sich die hohen Beliebtheitswerte der Kanzlerin anders als bei den bisherigen Umfragen in Wählerstimmen für die CDU ummünzen lassen.
Möglicherweise zieht es die Kanzlerin allerdings auch vor, ihre Person nicht allzu eng mit dem Resultat der Europawahl zu verknüpfen. Selbst im günstigsten Fall muss die CDU am 7. Juni mit herben Verlusten rechnen. Bei der Europawahl 2004, auf dem Höhepunkt der Hartz-Proteste, hatten CDU und CSU gemeinsam 44,5 Prozent der Stimmen erhalten. Derzeit liegen sie in den Umfragen bei rund 35 Prozent.
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