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EuGH zu Blutspenden von SchwulenVerbot kann gerechtfertigt sein

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Ausschluss Schwuler rechtens sein kann. Alternativen müssen aber geklärt werden.

In Deutschland sind Männer, die Sex mit Männern haben, dauerhaft von der Blutspende ausgeschlossen. Bild: ap

LUXEMBURG dpa | Wenn ein hohes Übertragungsrisiko für Infektionskrankheiten wie HIV bei homosexuellen Männern vorliegt, dürfen sie kein Blut spenden. Das urteilte der Europäische Gerichtshof am Mittwoch in Luxemburg (Rechtssache C-528/13). Die Richter stellt eine solche nicht grundsätzlich in Frage – fordert aber eine bessere Prüfung der Alternativen. Konkret geht es zwar um einen französischen Fall, doch auch in Deutschland sind Männer, die mit Männern Sex haben, dauerhaft von der Blutspende ausgeschlossen.

Ein Blutspende-Verbot für Schwule könne gerechtfertigt sein, erklärten die Richter. Allerdings müsse geklärt werden, ob es keine geeigneten Alternativen zu einem Ausschluss gebe. Dies könnten etwa wirksame Testmethoden für Blutspenden oder eine genaue Befragung des Spenders zu riskantem Sexualverhalten sein. Diese Möglichkeiten muss nun das für den Einzelfall zuständige Gericht im französischen Straßburg prüfen. Zudem müssen die Richter Angaben zur Verbreitung von HIV in verschiedenen Bevölkerungsgruppen prüfen.

Nach Daten der Pariser Regierung aus den Jahren 2003 bis 2008 waren homosexuelle Männer die am stärksten von HIV-Neuinfektionen betroffene Gruppe. Die Ansteckungsrate war demnach 200 Mal höher als in der heterosexuellen Bevölkerung des Landes. Das Straßburger Gericht muss klären, ob diese Daten belastbar und weiterhin relevant sind.

Auch in Deutschland gelten Männer, die mit Männern Sex haben, als Gruppe mit erhöhtem Risiko: Laut Robert Koch-Institut entfielen 2013 drei Viertel der ungefähr 3200 HIV-Neuinfektionen auf Schwule. Sie sind daher neben Heterosexuellen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern oder Prostituierten von der Blutspende ausgeschlossen. Grundlage ist die Beantwortung eines Fragebogens vor der Spende.

Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck hatte vor dem Urteil eine Lockerung des generellen Ausschlusses homosexueller Männer von der Blutspende gefordert. „Es ist richtig, bei Blutprodukten und Bluttransfusionen keine Kompromisse bei der Sicherheit zu machen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Aber Sicherheit heiße auch, dass man Risiken rational benennen und an ihnen und nicht an Vorurteilen die Vorsichtsmaßnahmen ausrichten müsse.

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3 Kommentare

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  • Bis dato wusste ich gar nicht, dass Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung von Blutspenden ausgeschlossen werden. Das klingt wie aus einem anderen Jahrhundert. Sicherheit, da stimme ich V.Beck zu, steht an oberster Stelle, aber eine pauschale Aburteilung (v.a. in Verbindung mit HIV als "Problem der Schwulen" bzw. wie es in den 80ern genannt wurde "Schwulen-Krebs") ist absurd, falsch und sollte in der Form nicht vorkommen.

    • @Realpolitiker :

      Es gibt noch mehr pauschale Ausschlussgründe, z.B. ein längerer Aufenthalt in UK vor 1993 (? wg. BSE), Herkunft aus bzw. Aufenthalt in bestimmten tropischen Regionen (Tropenkrankheiten), Knast, Drogenkonsum (hohe Prävalenz von Tbc, Hepatitis, HIV) etc.

      Zwar muss jede Blutspende getestet werden, doch durch das diagnostische Nachweisfenster von 2-3 Wochen zwischen Infektion und Testmöglichkeit ergibt sich eine Unsicherheit.

      Letztlich ist es eine Güterabwägung zwischen dem Recht des Spenders zu spenden und dem Recht des Empfängers auf möglichst einwandfreies Spenderblut, die sicherlich nicht zuletzt auf Grund des zu laxem Umgang in der Vergangenheit zugunsten der Empfänger gefällt wurde.

      Es mag im Einzelfall diskriminierend sein oder so empfunden werden, aber Risikobewertungen (im pharmazeutischen Sinne - Blutprodukte sind Pharmazeutika) haben es nun mal an sich, den Einzelfall nicht zu bewerten sondern Gruppen.

      Wenn eine im Vergleich zur Gesamtbevölkerung recht kleine Gruppe 75% aller Neuinfektionen auf sich vereint, kann man hinsichtlich der Risikobewertung nicht darüber hinwegsehen. Das mag dem einzelnen gegenüber ungerecht und oft auch ungerechtfertigt sein. Es nicht zu tun, wäre allerdings der Gesamtbevölkerung ggü. unverantwortlich.

      • @Rotbarsch:

        Besagte Ungewissheit zwischen Infektion und Testmöglichkeit hatte ich in der Klarheit nicht auf dem Schirm. Danke sehr für den Kommentar. Halte eine Debatte über diese Form von Diskriminierung (und das meine ich in diesem Fall zunächst neutral; es bleibt dennoch eine Diskriminierung) für sehr wichtig. Sofern irgendmöglich muss diese vermieden werden.