Barbara Oertel über Viktor Orbáns NGO-Gesetz vor Gericht
: Kampf gegen die Zivilgesellschaft

Die Geschichte juristischer Auseinandersetzungen zwischen Ungarn und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist um ein Kapitel reicher. Diesmal ist es das NGO-Gesetz, das – Überraschung! – gegen EU-Recht verstößt. Dabei hatte sich Regierungschef Viktor Orbán, der unablässig an vorderster Front gegen Andersdenkende, Geflüchtete und seinen erklärten Erzfeind, den US-Milliardär George Soros, kämpft, alles so schön vorgestellt. Nach dem Motto: Von Russland lernen heißt siegen lernen.

Denn Kremlchef Wladimir Putin hat vorgemacht, wie man Nichtregierungsorganisationen, die aus dem „dekadenten Westen“ finanzielle Unterstützung erhalten, stigmatisiert und kriminalisiert. Mit dem willkommenen Nebeneffekt, mithilfe fadenscheiniger Prozesse zivilgesellschaftliches Engagement zu blockieren oder, noch besser, ganz zum Erliegen zu bringen.

Doch im Fall Ungarn ist nun leider Luxemburg davor. Fraglich ist, ob das Orbań beeindrucken wird. Schließlich ist er beim EuGH Stammkunde. Erinnert sei nur an Budapests Vorstoß, unbequeme Richter:innen, Staats­an­wäl­t:in­nen und Notar:innen in die Rente zu zwingen. Das scheiterte ebenfalls, so wie auch in Polen. Das gleiche Schicksal widerfuhr auch dem Vorhaben, sich der Aufnahme von Geflüchteten komplett zu verweigern. Der Internierung geflüchteter Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen in sogenannten Transitzonen schob der EuGH ebenfalls einen Riegel vor. Auswirkungen all dieser Entscheidungen sind bislang nicht überliefert.

Wie dreist Orbán agiert, zeigte sich erst in der vergangenen Woche wieder. Publikumswirksam wurden seine coronabedingten Sondervollmachten aufgehoben. Im gleichen Atemzug wurden die gesetzlichen Grundlagen dafür gelegt, unter dem Deckmantel eines „Gesundheitsnotstands“ weiter durchregieren zu können.

Wie sich die Arbeit von NGOs in Ungarn künftig gestaltet, wird sich zeigen. Doch was Orbán und den EuGH angeht, ist eins sicher: Fortsetzung folgt.

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