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Etikettenschwindel?Eine Schokolade in England

Bremen will "Fairtrade-Hauptstadt 2011" werden. Beteiligt daran ist auch Kraft Foods. Dabei führt das Unternehmen hier gar keine Produkte mit "Fairtrade"-Siegel.

Wenn es um fairen Handel geht, beruft man sich in der deutschen Kraft Foods-Zentrale in Bremen auf eine Schokoladensorte mit "Fairtrade"-Siegel, die in Großbritannien verkauft wird - und auf "nachhaltig angebauten" Kaffee für McDonalds Bild: dpa

Es ist der zweitgrößte Lebensmittelkonzern der Welt. Seine Kaffee- und Schokoladenmarken wie Jacobs, Onko, Kaffee Hag, Milka oder Toblerone haben hierzulande riesige Marktanteile. Produkte, die das "Fair Trade"-Siegel tragen, machen bei den Geschäften von Kraft Foods in Deutschland hingegen genau 0 Prozent aus.

Das hindert das Unternehmen, dessen deutsche Zentrale an der Bremer Langemarckstraße sitzt, aber nicht daran, sich am Wettbewerb "Hauptstadt des Fairen Handels 2011" zu beteiligen. Mit diesem Titel möchte Bremen sich demnächst für zwei Jahre schmücken. Der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit geförderte und mit 100.000 Euro dotierte Preis will "lokales Engagement zum Fairen Handel würdigen und zum Nachahmen anregen". Zuletzt gewann Marburg die Auszeichnung. An der Bremer Bewerbung arbeitet unter Leitung des Umweltressorts derzeit ein Gremium, in dem neben dem Weltladen, dem Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und anderen auch Kraft Foods sitzt.

Zwar verkauft Kraft etwa mit seinem "Jacobs Milea"-Kaffee Produkte, die das "Rainforest Alliance-Siegel" tragen. Doch laut einer Studie des "Forums Fairer Handel" aus Wiesbaden, dem größten Fairtrade-Branchenverband, habe dies "überhaupt nichts mit dem Fairen Handel zu tun". Weder werde ein Mindestpreis für die Bauern definiert, noch gebe es Vorfinanzierung oder "einen expliziten Entwicklungs-Ansatz". Das Siegel habe "in erster Linie die Minderung von Umweltschäden und den Erhalt der Biodiversität im Blick". Es sei ein "komplett anderer Ansatz", der "komplementär zum Fairen Handel verstanden werden sollte".

"Es gibt sehr unterschiedliche Wege, nachhaltig und fair zu sein", hält Unternehmenssprecherin Nicola Oppermann, die bei Kraft für die "Corporate Social Responsibility Aktivitäten" verantwortlich ist, dagegen. Ihr Unternehmen könne da "ein gutes Beispiel geben". So produziere man beispielsweise in Hemelingen Kaffee für McDonalds - und der werde "nachhaltig angebaut", sagt Oppermann. Dies bedeute allerdings tatsächlich vor allem die Erfüllung ökologischer Kriterien. Im Bereich "Fairer Handel" sehe sich Kraft denn auch eher als "globaler Player". Konkret heißt dies, dass Kraft "im Ausland" Produkte anbietet, die das "Fairtrade"-Siegel führen - die in Großbritannien verkaufte Schokoladenmarke "Cadbury Dairy Milk" nämlich. In der Lebensmittelbranche mache der Faire Handel "weniger als fünf Prozent aus", sagt Oppermann, wie viel es beim Kraft-Konzern genau sei, könne sie nicht beziffern. "Das ist ein kleiner Bereich, der aber ständig wächst." Doch dies sei "ein langer steiniger Weg", auch deshalb, weil "faire" Ware nur begrenzt verfügbar sei. Deshalb sei es "sehr schade", wenn die "verschiedenen Ansätze gegeneinander ausgespielt" würden.

"Man hat natürlich die Debatte geführt, wie puristisch die Bewerbung sein soll", sagt der Sprecher von Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne), Michael Ortmans. Doch letztlich wolle man das Thema Fairer Handel "aus der Nische in die Mitte holen". "Und deshalb haben wir uns über die Beteiligung von Kraft Foods gefreut."

Ob es sich um einen Etikettenschwindel handele, sei abzuwarten, heißt es beim Bremer Weltladen. "Es ist nicht auszuschließen, dass Kraft sich künftig in Richtung des Fairen Handels bewegt." Wie das Unternehmen sein Engagement bei der Fairtrade-Hauptstadt-Bewerbung darstellen wird, wolle man "genau beobachten".

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1 Kommentar

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  • SM
    Stefan Ment

    Es ist schon phantastisch, wie die Bewegung des Fairen Handels ihren monopolistischen Anspruch verfolgt. Und das Wort „Fair“ für sich exklusiv und ausschließlich beansprucht. Die Kartellbehörden sollten mal anfangen, die Fair Trade Community für ihren überdogmatischen, wettbewerbsfeindlichen, gar ein „Weltmonopol“ verfolgenden Ansatz unter die Lupe zu nehmen. Denn wenn die Fair Trade-Gemeinde heute in den Mainstream möchte – und das will sie zweifelsfrei, wenn man sich Herrn Overaths (Transfair) Mantra anhört – dann muss sie sich auch dem freien UND FAIREN Wettbewerb stellen. Tatsächlich aber wird Fairtrade nicht müde, mit fast schon unlauteren Methoden alles zu bekämpfen, was auch nur wettbewerbsnah aussehen könnte. Da wird dann eine Studie angeführt, vom Fairen Handel konzipiert und finanziert, bei der als Wettbewerb empfundene Nachhaltigkeitsprogramme zweifelsfrei nicht Fairtrade sind (welch Überraschung) – und selbst die sonst gut gelittene Biogemeinde (in Form von Rapunzel mit ihrem Hand-in-Hand-Konzept) wird dann platt gemacht. Geht die böse Industrie vergleichbar vor, ach, dann ist das Geschrei groß. Aber wer schreit auf, wenn Fairtrade „unfair“ agiert? Das wollen die Fairtrade-freundlichen Redakteure der deutschsprachigen Presse dann nicht wahrhaben.

     

    Dann wird immer wieder ein Alex Nicholls aus Oxford zitiert, der alles, was nicht Fairtrade ist, als PR-Gag abtut. Nur Fairtrade sei prima. Herr Nicholls ist aber offenbar befangen: Er ist Non-Executive Director einer „Major Fairtrade Company“, so sein Lebenslauf. Eine sehr glaubwürdige, neutrale Figur also. Derweil bleibt Fairtrade der Öffentlichkeit Transparenz schuldig, wie viel Geld denn tatsächlich beim einzelnen Bauern ankomme. Immer mehr Studien – nur keine aus Deutschland (ist ja interessant) – zweifeln an, dass der Mitteltransfer tatsächlich so groß ist wie immer behauptet, zumal das Geld ja wohl an die Genossenschaften bzw. die Verwaltungen geht (Kooperativen) und nicht an den einzelnen Bauern. Das das Rainforest Alliance-Progamm auch umfassende Sozialkriterien einschließt, die label-online (DIE deutsche Labeldatenbank der Verbraucher-Initiative in Berlin) zu Bestbewertung auch im Sozialen veranlasst hat, konnte auch die ideologisch verbrämte ewig gestrig denkende Fairtrade-Gemeinde nicht verhindern. Dass die Tropical Commodity Coalition in den Niederlanden (Oxfam co-gesteuert) der Rainforest Alliance immer wieder ILO-Bestbewertungen gibt, juckt all diejenigen nicht, die es offenbar schlicht nicht wahrhaben wollen. Dass die öffentliche „Faire Beschaffung“ aber lediglich die Erfüllung der ILO-Übereinkommen im Sozialen erfordert – und keineswegs den Mindestpreis und die Vorfinanzierbarkeit von Investitionen – und die Rainforest Alliance sogar noch viel mehr fordert als nur die Einhaltung der ILO-Kriterien und damit aus Sicht der öffentlichen Verwaltung sehr wohl die Kriterien für eine „Faire Öffentliche Beschaffung“ voll erfüllt – tja… Im Übrigen lässt es das EU-Recht – und damit auch die nationalen Gesetze in Folge – nicht zu, dass in der öffentlichen Beschaffung ein Modell wettbewerbswidrig bevorzugt wird. Das BMZ unterstützt die Faire Community überproportional, so auch den Faire-Hauptstadtansatz. Gleichzeitig unterstützt das BMZ über z.B. die GTZ seit vielen Jahren auch Rainforest-Alliance-Projekte. Der Chef für Sozial- und Umweltstandards der GTZ, Carsten Schmitz-Hoffmann, sagt übrigens selbst öffentlich (Ökotest!), dass das Programm der Rainforest Alliance in der nachhaltigen Entwicklungsarbeit auch ohne Mindestpreise funktioniere. Bessere Agrarmethoden, eine effizientere Arbeitsweise und die Schaffung neuer Absatzmöglichkeiten – auch durch Diversifizierung auf den Flächen – führen in der Regel zu besseren Einkommen für die Bauern in der dritten Welt. Wenn das kein Entwicklungsansatz ist. Und der absolute Hammer ist eine Aussage der UN: Die hat in ihrem UN-Chronicle veröffentlicht, dass zwei Schemata die besten Chancen böten, schwere Formen der Kinderarbeit und Sklavenhandel und Zwangsarbeit zu verhindern: Fairtrade UND die Rainforest Alliance. Warum nutzen also die diversen Bewegungen nicht die Chancen, die sich aus ihren „komplimentären Ansätzen“ bieten und sorgen tatsächlich für einen Entwicklungsschub? Der Marktanteil ALLER zertifizierter Kaffeeprodukte (also Fair, Bio, Utz, Rainforest Alliance etc.) dürfte in Deutschland 2 Prozent nicht überschreiten. Bei Kakao/Schokolade dürfte es nicht mehr als 1 Prozent sein. Wenn sich die Communities nach wie vor mit UNFAIREN Praktiken und rufschädigend das Leben gegenseitig schwer machen, dürfte das zu allererst einmal zum Schaden der Bauern in der dritten Welt, denen man ja Gutes tun wolle. Des Weiteren wird sich dann auch keine wirkliche Mainstream-Substanz entwickeln können, die ja alle – auch die Fairtrade-Community, angeführt von Herrn Overath und Herrn Speck, erklärtermaßen wünscht. Wann werden die Medien in Deutschland endlich mal genauer und FAIR hinschauen?