Ethik versus Religion: Thierse schimpft auf Ethik
Vor muslimischen Geistlichen wirbt Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse für ein Wahlpflichtfach Religion. Das Fach Ethik vergleicht er mit dem Werteunterricht der DDR.
Der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) ist ein Fan von Pro Reli und vergräzt mit entsprechenden Äußerungen seine Parteifreunde. Bei einem Besuch von Berliner Imamen und SeelsorgerInnen am Mittwoch im Bundestag forderten diese mehr muslimischen Religionsunterricht an Schulen. Thierse verwies sie auf das Bürgerbegehren "Pro Reli", das das Fach Religion an Berlins Schulen zum Wahlpflichtfach machen will. Das bisher für alle OberschülerInnen obligatorische Fach Ethik verglich Thierse mit dem "staatlich verordneter Weltanschauungsunterricht" der DDR: "Ich habe gedacht, das erlebe ich nicht mehr in meinem Leben."
Diese deutliche Positionierung dürfte der Berliner SPD kaum gelegen kommen. Die hat sich im Oktober noch in ihrer Publikation "Argumente" für den gemeinsamen Ethik- und gegen einen nach Konfessionen getrennten Religionsunterricht als Pflichtfach ausgesprochen. Zitat: "Kinder und Jugendliche werden zum Dialog befähigt, finden und entwickeln Gemeinsamkeiten in der Orientierung an Grundwerten unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Eine Aufteilung in verschiedene Gruppen je nach Religionszugehörigkeit würde Jugendlichen die Chance auf diese gemeinsamen Erfahrungen nehmen."
Felicitas Tesch, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, ist wenig erfreut über die Einmischung ihres Parteifreundes aus dem Wahlkreis Pankow. Das sei "nicht sehr zielführend", so Tesch. Der Integrationsbeauftragte Günter Piening, der die Imame begleitete, wollte Thierses Äußerung nicht kommentieren. Er selbst habe sich allerdings für einen Ethikunterricht, bei dem Jugendliche gemeinsam über Werte diskutieren können, ausgesprochen.
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