Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Zehn Jahre ist es her, seit das HAU mit dem Festival „Beyond Belonging“ einen Begriff in die Gesellschaft abgefeuert hat, der einschlug, wie eine Bombe. „Postmigrantisches Theater“ hieß dieser Begriff und damit verbunden war der Anspruch, die sogenannte Leitkultur müsse nicht nur die Geschichten der Deutschen erzählen, die seit Generationen hier ansässig sind. Vielmehr gehörten auch Erfahrungen, kulturelle Besonderheiten und Identitäten neu hinzugekommener Deutscher hinzu – der Nachkommen derer zum Beispiel, die seit den 1960er Jahren als Gastarbeiter ins Land gekommen und geblieben sind. Das Signalstück war 2010 „Verrücktes Blut“ von Nurkan Erpulat, eine Produktion des Ballhaus Naunystrasse, das zu der Zeit von Shermin Langhoff geleitet wurde, die das Festival „Beyond Belonging“ am HAU kuratiert hatte. Unter anderem ging es im Stück um Leitkulturklassiker, die von Ehrenmorden handeln. Schillers „Kabale und Liebe“ zum Beispiel. Im Ballhaus Naunynstrasse startet am 16. November nun das internationale Performance-Festival „Permanente Beunruhigung“, das sich mit zehn Jahren postmigrantischem Theater auseinandersetzt. Entsprechend wurden internationale und Berliner Künstler*innen eingeladen, die interdisziplinär zu den Themen Queerness, Feminismus, Black Live, Diaspora, Postkolonialismus, Afrofuturismus arbeiten. „Zwei Tage Probenzeit in einer nie zuvor versuchten Konstellation; und am dritten und am vierten Tag kommt die Arbeit zur Aufführung“, schreibt das Ballhaus zu den Produktionsbedingungen der Perfomances (Ballhaus Naunynstraße: „Permanente Beunruhigung – Internationales Performance Festival“, 16. 11.–16. 12. Alle Infos: www.ballhausnaunynstrasse.de).
Seit ihrer fulminanten Performance zu dem Kinderbuchklassiker „Räuber Hotzenplotz“ gelten die Performer von Showcase Beat Le Mot als Garanten für zeitgemäßes wie mitreißendes Theater für Kinder und Jugendliche. Im Deutschen Theater kommen sie jetzt mit einer Adaption des Gebrüder-Grimm-Märchens „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ heraus. Erzählt wird die Geschichte von einem, der mit einer Glückshaut geboren wurde. Aber das ist natürlich nur ein Vorwand für den Geschichtenberg, durch den zu Reisen, wir eingeladen sind (Deutsches Theater, Premiere: 16. 11., 19 Uhr).
In der Volksbühne befasst sich die am Schauspiel Bochum entstandene Inszenierung „Volksverräter“ von Hermann Schmidt-Rahmer auf der Basis von Ibsens „Ein Volksfeind“ mit dem aktuellen Rechtpopulismus (Volksbühne, ab 17. 11., 19.30 Uhr).
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