Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Vertrauen ist ein Wirtschaftsfaktor. Ohne dieses bräche das Gemeinwesen zusammen. Investor*innen würden angesichts erster Failed-State-Symptome das Weite suchen, und die Arbeitslosigkeit steigen. Letztlich ist jede Wirtschaftstransaktion nur auf der Basis von Vertrauen möglich: kein Vertrauen = kein Geschäft. Das Prinzip des Vertrauens, auf das unsere Volkswirtschaft gründet, sehen die Performer*innen von Turbo Pascal nun wanken. Denn seit Jahren taumeln wir von einer Vertrauenskrise in die nächste. Dieser Befund wird mittels des Theaterabends „Vertrauensfragen“ nun zur Diskussion gestellt, der diese Woche in den Sophiensælen Premiere hat. (Sophiensæle: „Vertrauensfragen“, 11. – 14. 10. jeweils 19 Uhr).
Wenn das Vertrauen ins Bestehende wankt, dann wird’s vielleicht mal wieder Zeit für eine Revolution. Auch wenn die Deutschen bislang kein so großes Talent im Revolutionmachen bewiesen habe. Die Novemberrevolution 1918 wurde ziemlich blutig niedergeschlagen. 1968 war vor fünfzig Jahren genau genommen gar keine echte Revolution. Und Karl Marx ist auch schon 200 Jahre tot. Aber das Performance Kollektiv andcompany&Co. um Alexander Karschnia, Nicola Nord und Sascha Sulimma lebt! Und präsentiert im Hau mit „Invisible Republic: #stilllovingtherevolution“ jetzt einen Abend über die ungebrochene Liebe zur Revolution und den ungebrochenen Glauben an ihre Notwendigkeit in depressiven Zeiten wie diesen. In diesem Zusammenhang warten andcompany&Co mit pollesch-geschulten Performerinnen vom Kaliber Nina Kronjäger und Mira Partecke auf! (HAU2: „Invisible Republic: #stilllovingtherevolution“, Premiere 12. 10., 19 Uhr).
Starke Frauen hat das Theater ja schon immer geliebt. Und mit Vergnügen untergehen sehen. Da gab’s wenigstens Fallhöhe, wenn Königinnen wie Hekuba, Fürstinnen wie Medea stürzten. Im Berliner Ensemble schaut sich der Regisseur Simon Stone mit „Eine griechische Trilogie“ nun ein paar der alten Tragödien noch einmal an. Stone ist Spezialist für zeitgenössische Überschreibungen alter Stoffe. Und ihre Aufladung mit zeitgenössischen Schrecken. Weshalb das BE einen Besuch erst ab 16 Jahren empfiehlt. (BE: „Eine griechische Trilogie“, Premiere 11. 10, 19 Uhr).
Auch „Der Fall des Hauses Usher“ von Edgar Allan Poe ist eine schreckliche Geschichte. Wenn sie allerdings der französische Theatermacher und Verstiegenheitsexperte Philipp Quesne erzählt, sind Abweichungen von der Norm garantiert. In der Staatsoper kann man das in dieser Woche überprüfen (Staatsoper: „Usher“, Premiere 12. 10., 20.Uhr).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen