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■ H.G. HolleinEssgewohnheiten

Die Frau, mit der ich lebe, sieht manchmal wie ein Hamster aus. Vor allem, wenn sie Popcorn isst. Hamster gelten zwar als überaus possierlich, aber ich bin doch dankbar, dass die Gefährtin ihrer Leidenschaft nicht in der Öffentlichkeit frönt. Derweil ich manierlich und diszipliniert das eine oder andere Röstprodukt zum Munde führe, baggert die Gefährtin in ihren Anfällen spätkindlicher Kompensation mal eben so einen Halblitereimer leer. Das trübt bisweilen unsere beschaulichen Abende. Denn erstens reagiere ich als Einzelkind auf derart wölfische Verdrängungswut mit dem Anlegen heimlicher Süßwaren-Depots – was wiederum die spürsichere Gefährtin zu verbalen Ausfällen hinreißt – zweitens ist ihr nach gehabtem Genusse regelmäßig schlecht. Ich finde, die Gefährtin könnte sich ihre oral-libidinöse Befriedigung durchaus woanders suchen. Schließlich bin ich ja auch noch da. Aber die Gefährtin zeigt sich diesbezüglichem Murren gegenüber stets unzugänglich. Ich muss mir im Gegenteil – wenn auch ob der prallen Backen nur schwer verständliche – Vorwürfe anhören, warum ich das verdammte Zeug denn auch immer anschleppen müsse. Angesichts dieser moralisch-argumentationellen Haltlosigkeit sehe ich die Gefährtin als in hohem Maße therapiebedürftig an. Substitutionsversuche durch Marshmallows und Gummibärchen haben lediglich zur Folge, daß die Gefährtin weniger laut kaut. Eine vorübergehende Entwöhnung tritt allenfalls ein, wenn ich der Gefährtin ihr abstoßendes Tun mit einer Packung Blockschokolade im Selbstversuch demonstriere. Der Gefährtin vergeht dann angeblich der Appetit. Irgendwie kommt es eben nicht gut an, wenn ich mich ihr mit endorphin-glitzernden Augen und schwarzverklebten Zähnen rauschhaft nahe. Mithin, es läuft aufs gleiche hinaus, nur dass diesmal mir schlecht ist. Und das kann die Gefährtin erst recht nicht locken.

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