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Eskalationspolitik hinter Justitias breitem Rücken

■ Hafenstraßen-Räumung: Karlsruher Richter bestätigen, was alle schon längst wußten

Es ist amtlich: Gestern verkündete das Bundesverfassungsgericht, was durch eine gezielte Indiskretion bereits Ende der vergangenen Woche bekannt wurde. Es wird sich mit den elf Verfassungsbeschwerden gegen die Hafenstraßen-Räumungsurteile des Hamburger Landgerichts nicht befassen. Nach dem bereits am 3. Februar gefaßten Beschluß ist nun der Weg zur Beendigung des Wohnprojektes juristisch endgültig frei.

Dem Richterspruch folgte auch gestern Regierungsparteischweigen. Bürgermeister Henning Voscherau und seine staatliche Pressestelle mochten sich zu dem Urteil noch immer nicht äußern. Einzig der Noch-SPD-Chef Helmut Frahm und Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow versuchten sich in der hohen Kunst, mit wenigen Worten gar nichts zu sagen. Ins pastorale abgleitend hoffte Frahm „daß alle Beteiligten die notwendige Kraft besitzen, eine gewaltfreie Lösung herbeizuführen“.

Mirow duckte sich hingegen in die Unzuständigkeit weg. Bei der Zukunft der Hafenstraßen-Häuser gehe es „in erster Linie nicht um eine stadtentwicklungspolitische Frage“ erklärte der Senats-Emporkömmling der taz. Stadtentwiclungspolitisch bedeutsam hingegen ist es, „daß die Bürgerschaft am 2. März erstmal den Bebauungsplan genehmigt“, der die Weichen für die von der Hafenrand GmbH geplante Erstellung von 50 Sozialwohnungen auf der östlich an die Häuser angrenzende Freifläche stellt.

Markigere Worte hingegen von den Räumungs-GegnerInnen.„Einfach gnadenlos räumen – das würden wir nicht mitmachen“, verlautbarte Statt Partei-Alleinunterhalter Markus Wegner. „Spätestens jetzt muß den besonneren Teilen der Hamburger SPD klar sein, daß sie sich nicht mehr hinter Justitias breitem Rücken verstecken können“, schrieb unterdessen GAL-Frations-Chefin Krista Sager der SPD-Linken ins Stammbuch. „Sonst werden sie zu Mitverantwortlichen für eine verrückte Eskalationspolitik und die SPD Gefangene der eigenen Ankündigungspolitik“. Doch das, so scheint es, ist längst geschehen. Marco Carini

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