■ Zum Bewag-Verkauf: Es wird spannend
Die Idee, in einer Haushaltsnotlage auch noch einen der wenigen landeseigenen Goldesel zu verkaufen, zeigt die Verzweiflung der Finanzpolitik. Die Bewag ist ein solcher Goldesel, der dem Land Berlin neben einer satten jährlichen Konzessionsabgabe auch steigende Aktiendividenden einbringt. Bisher hatte Berlin als Mehrheitseigner auch noch ein Wörtchen mitzureden, wenn es um die Zukunft der Energiepolitik in der Stadt ging. Eine solche Position gibt man nicht einfach auf, vor allem dann nicht, wenn die großen Energieunternehmen nur darauf warten, sich in die bisher halbwegs eigenständige Bewag einzukaufen. Über die Sperrminorität Berlins können die Monopolisten von Preag und Viag nur lächeln.
Doch für die Energie- und Klimapolitik Berlins ist die gestrige Entscheidung nicht nur eine Niederlage. Ein Erfolg war es bereits, als der Verkauf verhindert wurde, den Pieroth noch eben schnell übers Knie brechen wollte – und der wesentlich weniger Geld als jetzt erhofft in die Kasse gebracht hätte. Ein weiterer kleiner Sieg ist die Tatsache, daß die Verhandlungen nun von den politisch Verantwortlichen im Senat geführt werden – und nicht von der Bankgesellschaft, die nur auf größtmöglichen Profit aus ist.
Jetzt ist das Rennen wieder für Alternativen offen: Neben den deutschen Stromgiganten können sich nun auch ausländische Konzerne bewerben, die kein Interesse daran haben, der Berliner Energiepolitik ins Handwerk zu pfuschen. Auch steht immer noch der Weg zu einer Verbindung von Bewag und Hamburger HEW offen, mit dem sich zwei kommunale Stadtwerke gegenseitig stärken und die Länder trotzdem an das dringend benötigte Geld kommen könnten. Der Poker um den Bewag-Verkauf wird jetzt erst spannend. Die neue Finanzsenatorin kann ihr Geschick beim Spagat zwischen größtmöglichem Erlös aus dem Verkauf und der Vermeidung eines energiepolitischen Ausverkaufs beweisen. Die Chancen dafür stehen gar nicht mal schlecht, denn Fugmann-Heesing kennt das Geschäft. Schließlich saß sie als hessische Finanzministerin im Aufsichtsrat der Preag. Bernhard Pötter
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