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■ VorschlagEs wird angemacht: Salad spielen im Knaack-Club

Liebe am Arbeitsplatz, heißt es, sei gar nicht gut. Doch gerade im Musikgeschäft hält sich da niemand dran. Sogar einige ganz herzallerliebste Ergebnisse sind dabei entstanden: Das reicht von Yo La Tengo bis Cindy & Bert, kann aber auch angeblich rein platonisch sein wie bei Nico und den halben Velvet Underground. So hat auch ein gewisser, in London wohnhafter Mensch namens Paul Kennedy einmal seine Liebste die selbstgeschriebenen Songs singen lassen. Doch was tun, wenn man sich trennt? Als einzige Möglichkeit bleibt da, eine geeignete Nachfolgerin zu finden. Das gelang Kennedy mit Marijne van der Vlugt, die angeblich prompt so eifersüchtig war, daß sie nicht nur den abgelegten Freund, sondern auch die Gesangsparts ihrer Vorgängerin übernehmen wollte. Daraus entstand schließlich die Band Salad, die zudem darauf bauen konnte, daß van der Vlugt von ihrer Beschäftigung als MTV-Moderatorin mit gewissen Mechanismen des Popgeschäfts vertraut war. Und haste nicht gesehen hatten wir den Salat: Top-ten-Plazierungen der ersten Singles in den Indie-Charts folgte ein lukrativer Vertrag mit einer Major-Plattenfirma. Die erste LP, „Drink Me“, schob sich immerhin auf Nummer 16 allüberall in Britannien, und Salad waren plötzlich Berühmtheiten, sangen mit Terry Hall für wohltätige Zwecke und fürs Fernsehen mit Sandie Shaw.

Nun folgte die in diesem Geschäft bekanntermaßen schwierige zweite Platte. Mit der knackt man den Jackpot oder versinkt in der Versenkung. Im Falle Salad heißt die nicht nur „Ice Cream“, die hört sich auch so an. So verbindet nicht nur die Single „Cardboy King“ alle Eigenschaften klassischen Bubble-gum-Pops mit gewissen Errungenschaften des Britpops: eine fordernde Gitarre, der Gesang von Frau van der Vlugt, der sich verführerisch windet, eine platte Orgel, die noch einmal die eingängige Melodie wiederholt.

Das ist das eine. Das andere ist: Diese Band ist schwer verlogen, diese Band tut nur so. So wird zum Beispiel gesungen: „I'll hold you down with promises and threats.“ Ja, ist das denn okay, den Liebhaber so in die Pfanne zu hauen, und das mit einer Stimme, die kein Wässerchen trüben will? Der nächste Text ist zerfressen von eifersüchtigem Haß, aber die Musik tut, als würden sich liebe Menschen gegenseitig Gummibärchen in den Mund stecken. Aber wahrscheinlich kriegt das eh niemand mit, und Salads Musik geht weiter weg wie Eiscremebecher an bösartig heißen Sommertagen.

Marijne und Paul haben sich, soviel ich weiß, inzwischen auch getrennt. Die Romantik ist auch nicht mehr, was sie mal war. Thomas Winkler

26.10., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg

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